Geldanlage: Altes Gift im neuen Kleid
MÜNCHEN/BERLIN - Als hätte es nie eine Finanzkrise gegeben: Eine Untersuchung der Stiftung Warentest zeigt, noch immer schieben die Banken den Kunden Finanzprodukte unter, die kaum jemand versteht. Fazit der Tester: „Die Banker haben nichts gelernt“
Eigentlich hatten die Banken in der Finanzkrise Besserung versprochen: Ihre komplizierten Produkte sollten einfacher werden, besser verständlich für die Anleger. Jetzt zeigt eine Untersuchung der Stiftung Warentest: Noch immer bringen die Geldhäuser für die Verbraucher undurchschaubare Produkte auf den Markt – und verkaufen sie unter neuem Namen an die Anleger.
„Die Banker haben nichts kapiert“, schreiben die Tester in der Zeitschrift „Finanztest“. Die Geldhäuser verkauften ihre zum Teil hochriskanten Finanzanlagen vor allem mit zwei Tricks. Der Erste: Sie benennen die Produkte einfach um. Weil Zertifikate seit der Pleite der Investmentbank Lehman ein schlechtes Image haben, heißen sie nun oft Anleihen. „Gelogen ist das nicht“, so die Warentester. Zertifikate seien rechtlich Anleihen. Darauf sollte man aber nicht reinfallen. „Kein Privatanleger braucht Zertifikate“, sagt auch Niels Nauhauser, Anlageexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg,
„Wer solche Produkte verkauft, betreibt Gammel-Beratung“
Der zweite Trick: Viele der neuen Finanzprodukte haben eine „Kapitalgarantie“. Das heißt: Der Emittent sichert zu, dass der Anleger am Ende der Laufzeit zumindest das eingesetzte Kapital zurückbekommt. „Geht der Emittent jedoch pleite, hilft die Garantie wenig“, warnt Nauhauser. „Auch die Lehman-Papiere hatten eine Kapitalgarantie.“
Weiterer Kritikpunkt der Finanz-Tester: Die Papiere seien oft „so kunstvoll konstruiert, dass kaum jemand sie versteht“. So biete die DZ Bank ein Produkt namens „Variozins Garant“ an, dessen Rendite von 210 Bedingungen abhängt. „Wer solche Produkte verkauft, betreibt Gammel-Beratung“, sagt Experte Nauhauser. Beim „Global-Champions-Zertifikat“ der Dresdner gibt es 42 Bedingungen, beim „Express Pro Zertifikat“ der Hypovereinsbank 14. Verständlich sind Produkte laut Stiftung Warentest nur bis maximal fünf Bedingungen.
Immerhin: Erstmals legt jetzt eine Bank ihren Finanzprodukten „Beipackzettel“ zu Risiken und Nebenwirkungen bei. Die Direktbank ING Diba stattet 22 ihrer Standard-Anlagen mit einem Produkt-Informationsblatt aus, das über Rendite, Risiko und Kosten informiert. Angeregt hatte das das Verbraucherschutzministerium – auf freiwilliger Basis. Für Nauhauser eine gute Idee. Es sei aber ein Gesetz nötig. „Freiwillig werden das kaum noch mehr Banken tun.“
aja
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