Frei? Ja. Aber gleich?

Wer denkt, jede Stimme sei gleich viel wert, der liegt falsch - Frank Müller, AZ-Aktuell-Ressortchef, über den Streit ums deutsche Wahlrecht.
von  Abendzeitung

Wer denkt, jede Stimme sei gleich viel wert, der liegt falsch - Frank Müller, AZ-Aktuell-Ressortchef, über den Streit ums deutsche Wahlrecht.

„Die Abgeordneten werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt“, heißt es in Artikel 38 des Grundgesetzes. An „frei“ und „geheim“ muss heute selbst im Osten der Republik keiner mehr zweifeln.Was die Worte „unmittelbar“ und „gleich“ betrifft, sind Anmerkungen durchaus erlaubt

Denn wer denkt, seine Stimme sei genau soviel wert wie die jedes anderen wahlberechtigten Deutschen, der liegt falsch. In allen Wahlsystemen ist das Ergebnis an Parlamentssitzen nur eine Annäherung an den Wählerwillen.

Die Wahlrechtsarithmetik sorgt dafür, dass Stimmen in unterschiedlichen Landesteilen auch ganz verschieden viel wert sein können.

Bislang gab es in Deutschland noch keine Wahl-Groteske wie die im Jahr 2000 in den USA: Damals gewann George Bush die Präsidentenwahl gegen Al Gore, obwohl er weniger Stimmen erhalten hatte.

Aber auch in Deutschland ist nicht alles so gerecht, wie es sein sollte:Wenn dieWahl im September so ausgeht, wie es jetzt absehbar ist, dann werden Union und FDP im Bundestag eine stärkere Mehrheit bekommen, als sie ihnen rechnerisch zustünde. Mit Recht läuft daher das linke Lager Sturm gegen die sogenannten Überhangmandate.

Doch unser Wahlrecht verträgt noch mehr Reformen als nur mathematische. In den Kommunen etwa dürfen die Wähler sich ihre Stadträte selbst zusammensetzen und die Parteilisten nach Herzenslust durcheinander würfeln. Auf Bundesebene gibt es das nicht.Warum eigentlich nicht?Weil es die Parteien nicht wollen. Das ist kein Argument.

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