Formal gerecht
"In München, wo die Mieten rekordverdächtig steigen und Familien schauen müssen, wo sie bleiben, hat dieses Mietverhältnis einen faden Beigeschmack." Katharina Rieger über einen Stadtwerke-Manager, der in einer Gewofag-Wohnung lebt.
Es ist kein Skandal, es geht formal alles mit rechten Dingen zu. Ein städtischer Angestellter lebt in einer Wohnung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag. Städtische Angestellte verdienen eher schlecht. Und da ist es nur gerecht, wenn ihnen die Gewofag „bezahlbaren Wohnraum“ bietet für „Normalverdiener“ – so der Gründungsauftrag von 1928. Doch gilt das auch noch, wenn der städtische Angestellte ein Geschäftsführer mit knapp 300 000 Euro Jahreseinkommen ist und für seine 130-Quadratmeter- Wohnung in Ramersdorf 1200 Euro kalt bezahlt? Das sind pro Quadratmeter rund 9 Euro kalt, auf dem freien Markt liegt der Preis bei 12 bis 13 Euro kalt. Eine Billigstmiete ist es also nicht. Verglichen mit anderen, frei finanzierten Gewofag- Wohnungen zahlt der Manager sogar mehr – die liegen bei 8 Euro pro Quadratmeter. Also alles ganz normal? Es zeichnet einen Top-Manager ja auch aus, wenn er die Bodenhaftung nicht verloren hat und lebt wie Du und Ich.
Aber in München, wo die Mieten rekordverdächtig steigen und Familien schauen müssen, wo sie bleiben, hat dieses Mietverhältnis einen faden Beigeschmack: Bei ihren Geschäftsführer-Gehältern orientieren sich die Stadtwerke an der Privatwirtschaft und legten kürzlich rund 50 Prozent drauf. Weil man gute Manager nur mit solchen Gehältern halten kann. Stimmt. Aber müssen sie wirklich – egal, wie hoch die Gehaltssprünge sind – von Wohnungen profitieren, auf die Familien jahrelang oder vergeblich warten müssen? Nein.
Die Autorin ist stellvertretende Ressortleiterin Lokales.
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