Flickschusterei

Mehreinnahmen durch die Tabaksteuer sind nicht ausgemacht: Susanne Stephan, Wirtschaftsredakteurin der AZ, über die neuesten Steuerpläne.
Die Tabaksteuer erhöhen, um Schlote weiter qualmen zu lassen – mit dieser simplen Formel hat die Koalition sich ein weiteres Mal um den politischen Gestaltungsauftrag herumgewurstelt, den sie vom Wähler bekommen hat und sich dem Druck der Industrie-Lobby gebeugt.
Zigaretten sind ungesund, das öffentliche Mitleid mit Menschen, die sich und dem Gesundheitssystem mit ihrer Sucht massive Schäden zufügen, hält sich in Grenzen – da sind Protestzüge durch die Innenstädte nicht zu erwarten. Was liegt also näher, als Raucher noch stärker zur Kasse zu bitten?
Nur: So automatisch wie gewünscht fließen die Einnahmen aus der Tabaksteuer nicht mehr – auch, weil die Steuer zum Teil den Lenkungseffekt erzielt, den sich Gesundheitspolitiker immer schon wünschten. Wenn Zigaretten immer teurer werden, verkneifen sich Raucher die eine oder andere Fluppe. Das Ergebnis: Die Einnahmen durch die Tabaksteuer stiegen 2006 zum letzten Mal um magere 0,8 Prozent, in den Jahren danach sanken sie. Dass die Regierung ihre geplanten Mehreinnahmen realisiert, ist also nicht ausgemacht.
Womöglich wird sich Berlin ab 2011 erneut im Flickschustern versuchen, wird Klimaschutz, öffentliche Schulden und Steuerlast gegeneinander abwägen und wird, wie schon bei den Laufzeiten der Atommeiler und jetzt bei der Tabaksteuer, die wirtschaftlich starken Spieler im Steuer-Monopoly schonen. Beherzte Politik sieht anders aus.