Finanzkrise: Regierung warnt vor Risiken für Konjunktur

In ihrem am Mittwoch vorgestellten Jahreswirtschaftsbericht sieht die Bundesregierung zahlreiche Risiken für die deutsche Konjunktur. Auch viele Unternehmenschefs geben sich inzwischen weniger zuversichtlich.
Die Bundesregierung warnt einer Zeitungsmeldung zufolge in ihrem aktuellen Jahreswirtschaftsbericht vor zahlreichen Risiken für die Konjunktur 2008. Die lägen vor allem in den Inflationsgefahren mit negativen Auswirkungen auf Einkommen und Konsum sowie in den Turbulenzen an den Finanzmärkten. «Ein Risiko besteht darin, dass sich der Wachstumsschwerpunkt nicht im erwarteten Maß von der Außenwirtschaft hin zur Binnenwirtschaft und dort besonders zum privaten Konsum hin verschiebt», zitiert die «Financial Times Deutschland» (FTD) den Bericht.
«Zieht das Preisniveau über Erwarten stark an, wird das real verfügbare Einkommen und damit der private Konsum gedämpft», schreiben die Volkswirte um Wirtschaftsminister Michael Glos. Der CSU-Politiker wird den Bericht am Mittwoch vorstellen. Der Inflationsdruck könne durch hohe Tarifabschlüsse stärker werden, warnt die Regierung. Für 2008 nimmt sie eine Teuerung von 2,3 Prozent an. Im Jahreswirtschaftsbericht hat die Regierung wie bereits bekannt ihre bisherige Wachstumsprognose für 2008 von 2,0 auf 1,7 Prozent gesenkt. Doch auch diese Einschätzung könnte noch zu optimistisch sein: Neben der Inflationsgefahr sieht Berlin weitere, vor allem außenwirtschaftliche Risiken. «Ursachen dafür liegen in einer Ausweitung der US-Hypothekenkrise auf Banken und Investoren weltweit.» Dadurch ausgelöste «Turbulenzen an den Finanzmärkten könnten sich in einer stärkeren Abschwächung der Weltkonjunktur niederschlagen», heißt es laut «FTD» in dem Bericht. Die Prognose wurde noch vor den Kursstürzen an den Börsen am Montag abgeschlossen.
Zuwachs beim privaten Konsum erwartet
Die Regierung geht aber von einem Zuwachs des privaten Konsums um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus - nach einem Minus von 0,3 Prozent im vergangenen Jahr. Sie erwartet im Jahresdurchschnitt einen Ölpreis von rund 95 Dollar pro Barrel (159 Liter) und einen Euro-Kurs von 1,45 Dollar. Beim Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) werden unverändert 4,0 Prozent angenommen. Die jüngsten Turbulenzen an der Börse würden das Wirtschaftswachstum allerdings nicht gefährden, glaubt Bundesbank-Präsident Axel Weber. «Man sollte solche täglichen Bewegungen an Aktienmärkten nicht überdramatisieren», sagte Weber am Dienstagabend im Presseclub Wiesbaden. Für dieses Jahr erwarte die Bundesbank ein Wachstum von 1,6 Prozent. Damit liege Deutschland im Rahmen seiner mittel- und langfristigen Wachstumsmöglichkeiten. «Deswegen sehe ich jegliche Diskussion um Rezessions- oder Stagnationsszenarien zur Zeit generell am Thema vorbeigeschrieben.» Der Bundesbank-Präsident räumte gleichwohl gewisse «Abwärtsrisiken» bei den Wachstumsaussichten ein. Dazu gehörten Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten sowie ein steigender Ölpreis. Weber mahnte zudem eine moderate Lohnpolitik in diesem Jahr an. Es drohe sonst ein Beschäftigungsabbau seitens der Unternehmen. Ferner gebe es die Gefahr des gegenseitigen «Hochschaukelns» von Preiserhöhungen und Lohnsteigerungen. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger sagte in der «Passauer Neuen Presse», «die Börsen sind immer noch auf einem Niveau, das wir zu Beginn des Jahres 2007 hatten.» In der Zwischenzeit seien aber negative Faktoren wie die US-Immobilienkrise, die Aufwertung des Euro und ein hoher Ölpreis hinzugekommen. Das jetzige Kursniveau sei daher nicht unrealistisch, so Bofinger.
Wirtschaftsweiser mahnt Lohnerhöhung an
Die jüngste Zinssenkung der US-Notenbank nannte Bofinger gerechtfertigt, er befürchte jedoch, dass dadurch die Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar weiter zunehme. «Die größte offene Flanke ist nicht der Aktienmarkt, sondern die Wechselkursentwicklung.» Produkte deutscher Unternehmen könnten als Folge eines unkontrollierten Dollar-Sturzes an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Um der deutschen Konjunktur Wachstumsimpulse zu verleihen, plädierte Bofinger für höhere Löhne, die den privaten Konsum ankurbeln. In der Wirtschaft gibt es dennoch starke Zweifel an einer stabilen Konjunkturentwicklung: Einer Umfrage zufolge haben die Vorstandsvorsitzenden vieler internationaler Unternehmen Angst vor einer Rezession in den großen Volkswirtschaften der Erde. Das berichtet die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» unter Berufung auf eine Studie der Unternehmensberatung Price Waterhouse Coopers (PWC) mit mehr als 1100 Vorstandschefs. Die Konzernlenker zählten dabei einen möglichen Abschwung der Weltwirtschaft zu den größten Bedrohungen für das weitere Wachstum ihrer Unternehmen. Parallel schwächte sich auch die Zuversicht ab, mit der die Manager in die Zukunft sehen, schreibt die Zeitung. Allerdings seien immer noch rund 50 Prozent der Vorstände «sehr zuversichtlich» für die Umsatzsteigerungen ihrer Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten - zwei Prozentpunkte weniger als bei der Umfrage im vergangenen Jahr. Auf die Sicht von drei Jahren hingegen bestätigen mit 40 Prozent deutlich weniger Befragte ihr Urteil «sehr zuversichtlich», heißt es in dem Bericht. Die Untersuchung zeige, dass offenbar das Zusammenspiel von Kreditkrise, stark steigenden Energiepreisen, politischer Unsicherheit und einer Verlangsamung des Wachstums in den Industriestaaten zu dem Vertrauensverlust beiträgt, schreibt die Zeitung. Denn vor allem Vorstände aus den USA und Westeuropa sähen nicht mehr ganz so optimistisch in die Zukunft. Deutschland steche unter den europäischen Nationen allerdings hervor: Während sich in Europa insgesamt 62 Prozent der Befragten Sorgen über einen Abschwung machen, sind es hier zu Lande mit gut 40 Prozent deutlich weniger. (nz/dpa/AP)