Fehde in Frankfurt

Wird heute der Machtkampf in der Chefetage der Deutschen Bank entschieden? Aufsichtsratschef Börsig wollte Vorstandschef Ackermann absägen – jetzt rächt sich dieser mit einem Gegenangriff
von  Abendzeitung
Intimfeinde: Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Clemens Börsig (links) hat allen Grund, sich vor Vorstandschef Josef Ackermann (rechts) in Acht zu nehmen. Foto: AP
Intimfeinde: Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Clemens Börsig (links) hat allen Grund, sich vor Vorstandschef Josef Ackermann (rechts) in Acht zu nehmen. Foto: AP © az

Wird heute der Machtkampf in der Chefetage der Deutschen Bank entschieden? Aufsichtsratschef Börsig wollte Vorstandschef Ackermann absägen – jetzt rächt sich dieser mit einem Gegenangriff

FRANKFURT/MAIN Auch wir können Volkswagen: Die Zentrale der deutschen Bank beschäftigt zurzeit eine Intrige, die an die Fehde zwischen VW und Porsche erinnert. Allerdings schwirren bei den Deutschbankern die Giftpfeile nicht in Richtung eines anderen Unternehmens, sondern innerhalb des eigenen Konzerns. Vorstandschef Josef Ackermann will Aufsichtsratschef Clemens Börsig loswerden.

Heute kommt’s womöglich zum Showdown der beiden Manager auf der Aufsichtsratssitzung. Ackermann sucht schon seit langem nach einer günstigen Gelegenheit, Börsig loszuwerden – jetzt könnte es für ihn soweit sein. Der Grund: Börsig gibt in dem aktuellen Datenskandal der Deutschen Bank keine gute Figur ab. Ein Gutachten einer Anwaltskanzlei im Auftrag des Unternehmens legt den Eindruck nahe, der Aufsichtsratschef habe eine Sicherheitsfirma auf einen kritischen Aktionär angesetzt und ihn ausgespitzelt.

Weitere Opfer, die laut dem Gutachten im Visier der Detektive standen: Eine nicht näher benannte Privatperson, die Vorstände erpresst haben soll, außerdem der Gewerkschafter Gerald Herrmann, der früher im Aufsichtsrat saß, Ex-Vorstand Hermann-Josef Lamberti und ein Journalist. Hermann und Lamberti sollen im Verdacht des Aufsichtsrats gestanden haben, Interna ausgeplaudert zu haben. Nachdem der Bericht der Anwaltskanzlei intern veröffentlicht worden war, mussten bereits zwei Manager der Bank ihren Hut nehmen.

Günstig für Ackermann: Das Gutachten wäscht alle aktuellen Vorstandsmitglieder von dem Verdacht rein, in die Spitzelaffäre verwickelt gewesen zu sein. Verwunderlich wirkt allerdings, dass ausgerechnet der Aufsichtsratschef, der im operativen Geschäft eigentlich nichts zu suchen hat, die illegalen Ausforschungen in Auftrag gegeben haben soll. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Versucht Ackermann am Ende, mit einem getürkten Bericht seinen obersten Kontrolleur zu demontieren? Grund dafür hätte er.

Unvergessen ist für Ackermann der Versuch Börsigs, ihn Ende April als Vorstandschef abzulösen. Ackermann konnte sich halten, hinter vorgehaltener Hand äußerten andere Aufsichtsräte Zweifel an Börsigs Eignung zum Bank-Boss.

Ackermann konnte seine Unterschrift unter eine Vertragsverlängerung bis 2013 setzen – und dürfte seitdem die Entmachtung Börsigs auf seine ganz persönliche Tagesordnung gesetzt haben. „Die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand ist mustergültig“, tönte Ackermann auf der Hauptversammlung. Wobei er offenließ, wie genau er die Worte „Zusammenarbeit“ und „mustergültig“ verstanden haben will.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.