Fall "Emmely": Hoffnung für die wegen 1,30 Euro entlassene Kassiererin
ERFURT - Sie erhielt die fristlose Kündigung, weil sie Pfandbons unterschlagen hatte. Jetzt rollt das Bundesarbeitsgericht den Fall neu auf.
Teilerfolg für die fristlos entlassene Kassiererin: Im Fall der unter dem Namen „Emmely“ bekannt gewordenen Supermarktmitarbeiterin Barbara E. hat das Bundesarbeitsgericht eine Revision zugelassen – wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles. Damit wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin, das die Kündigungsschutzklage der Mitarbeiterin abgewiesen und bundesweit für Empörung gesorgt hatte, vom obersten deutschen Arbeitsgericht noch einmal überprüft. Einen genauen Termin dafür gibt es noch nicht.
Bei dem Verfahren geht es um eine inzwischen 51 Jahre alte Kassiererin, die im Februar 2008 nach einer Betriebszugehörigkeit von 31 Jahren fristlos gekündigt worden war, weil sie laut ihrem Arbeitgeber – der Kaiser’s Tengelmann AG – zwei Leergut-Pfandbons im Gesamtwert von 1,30 Euro unterschlagen haben soll. Obwohl die Frau das bestritt, hatte das Landesarbeitsgericht Berlin ihre Kündigungsschutzklage wegen des zerstörten Vertrauensverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Februar abgewiesen und eine Revision ausdrücklich ausgeschlossen.
Diese Entscheidung hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt und Proteste ausgelöst. SPD-Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse hatte von einem „barbarischen Urteil von asozialer Qualität“ gesprochen, Gewerkschafter gründeten Solidaritätskomitees für die Frau. „Emmely“ sei jetzt froh, dass das Bundesarbeitsgericht die Revision zugelassen habe, teilte ihr Anwalt Benedikt Hopmann mit.
Die Entscheidung ist nach Ansicht des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) jedoch „kein arbeitsrechtlicher Freibrief für Bagatell-Straftaten“. Das Gericht sei von seiner Rechtsprechung zur Verdachtskündigung und zur Kündigung bei Diebstahl geringwertiger Gegenstände um keinen Millimeter abgerückt, sagt der Arbeitsrechtler Heribert Jördis. Der Verband sei zuversichtlich, dass das Gericht in der Revision die Kündigung für rechtmäßig erachten werde.