EZB-Rat tagt in Brüssel - wichtige Fakten zur Inflation

Der Preisanstieg stagniert. Trotzdem will die EZB das Geld nicht noch billiger machen. Fragen und Antworten zur niedrigen Inflation im Euroraum.
dpa |
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Frankfurt/Brüssel - Europas Währungshüter dürften das Geld im Euroraum trotz der sehr niedrigen Inflation vorerst nicht noch billiger machen. Vor der auswärtigen Sitzung des EZB-Rats in Brüssel erwarten Experten eine Zinspause, weil die Konjunktur langsam anzieht und die Teuerung zuletzt leicht stieg.

Allerdings sieht die Europäische Zentralbank (EZB) eine längere Phase geringen Preisauftriebs als Konjunkturrisiko. EZB-Präsident Mario Draghi hat daher bereits angekündigt, den Zins notfalls unter das aktuelle Rekordtief von 0,25 Prozent zu senken. Auch andere geldpolitische Maßnahmen wie ein Kauf von Wertpapieren in großem Stil oder weitere Geldschwemmen für Banken schloss Draghi nicht aus.

Wie hat sich die Inflationsrate zuletzt entwickelt?

Noch im März betrug die Jahresteuerung 0,5 Prozent - das war der tiefste Stand seit November 2009. Im April zog sie auch wegen der Osterferien leicht auf 0,7 Prozent an, Experten hatten aber mehr erwartet. So oder so liegt der Wert weit unter der EZB-Zielmarke von 2,0 Prozent. Bei dieser sieht die Notenbank stabile Preise gewahrt.

Was ist schlecht an einem zu geringen Preisauftrieb?

Für Verbraucher zunächst nichts. Vielmehr können sich die Menschen freuen, wenn Benzin, Brot oder Urlaub kaum teurer werden. Sollte ihr Einkommen stärker steigen als das Preisniveau, können sich die Europäer für ihr Geld mehr kaufen als zuvor.

Warum streben die Experten trotzdem höhere Teuerungsraten an?

Weil die niedrige Inflation öffentliche und private Schuldner belastet - denn der jeweils aktuelle Gegenwert der Schulden sinkt langsamer. Das erschwert den Staaten den Schuldenabbau. Zudem haben Unternehmen in den Euro-Krisenländern weniger Spielraum. Sie müssen ihre Preise an die internationale Konkurrenz anpassen, um wettbewerbsfähiger zu werden. Bei höherer Inflation können stabile Preise reichen, wenn gleichzeitig Produkte aus anderen Ländern teurer werden. Bei geringer Inflation wie zurzeit müssen sie die Preise aber senken. Das ist schwierig, weil die Firmen nicht einfach Löhne kürzen können. Zudem besteht das Risiko einer Deflation - also einer Spirale sinkender Preise quer durch die Warengruppen. Verbraucher kaufen dann etwa kein neues Auto mehr, weil sie erwarten, dass es in einem halben Jahr vielleicht noch billiger zu haben ist. Das würde die Konjunktur abwürgen. Noch kann von Deflation zwar keine Rede sein, aber Draghi warnt: Je länger die Inflation niedrig ist, umso größer die Gefahr.

Warum steigen die Preise überhaupt so langsam?

Ein wesentlicher Grund sind die weltweit gesunkenen Energiepreise - darauf hat die EZB nun mal keinen Einfluss. Zum Teil ist das niedrige Preisniveau in einigen Euroländern aber auch hausgemacht. Die Länder müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken. "Da eine externe Abwertung über die Wechselkurse in der Währungsunion nicht möglich ist, müssen die Staaten letztlich intern abwerten. Dies führt zu teilweise sinkenden Preisen", erklärt Bundesbank-Vorstand Joachim Nagel.

Wird die Inflation so niedrig bleiben?

Eher nicht. Experten rechnen damit, dass die Teuerung in den nächsten Monaten anzieht, aber noch länger unter dem Zielwert der EZB bleibt. "Das Tief der Inflation dürfte wohl hinter uns liegen", vermutet Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die Erholung der Konjunktur dürfte den Preisauftrieb ankurbeln. Die EU-Kommission erwartet 2014 1,2 Prozent Wachstum für den Euroraum nach minus 0,4 Prozent 2013.

Sind weitere Zinssenkungen sinnvoll?

Theoretisch animiert billiges Geld Unternehmen zum Investieren und Verbraucher zum Konsumieren - beides kurbelt die Konjunktur an und treibt die Preise. Doch die EZB hat den Leitzins bereits auf das Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt. Und obwohl die Banken sich daher extrem günstig Zentralbankgeld besorgen können, vergeben sie gerade in den Krisenstaaten zu wenig Kredite. Ob eine weitere Zinssenkung das ändern könnte, ist umstritten.

Was kann die EZB sonst tun?

Sie könnte den Zins für Geld, das Geschäftsbanken bei der Notenbank parken, sogar unter Null senken. Das wäre eine Art Strafzins für Institute, die ihr Geld von der EZB aufbewahren lassen, statt es als Kredite an Firmen und Verbraucher weiterzureichen. Diese Maßnahme ist umstritten, weil die Banken die Kosten einfach an die Kunden weitergeben könnten. Das würde Kredite verteuern, statt die Kreditvergabe anzukurbeln. Zudem diskutiert die EZB über den Kauf von Wertpapieren in großem Stil und über weitere Geldschwemmen für Banken. Draghi hat angekündigt, dass "die EZB gegebenenfalls auch weitere unkonventionelle Maßnahmen im Rahmen ihres Mandats einsetzen wird, um die Risiken einer zu langen Periode niedriger Inflationsraten in den Griff zu bekommen."

Warum ist der starke Euro ein Problem?

Weil er in den vergangenen Monaten gegenüber anderen Währungen an Wert gewonnen hat und inzwischen bei knapp 1,39 US-Dollar liegt. Das macht Europas Exporteuren zusätzlich das Leben schwer, weil ihre Waren im außereuropäischen Ausland teurer werden. Der französische Ministerpräsident Manuel Valls forderte jüngst Schritte gegen eine zu starke Gemeinschaftswährung, was die Bundesregierung ablehnt. Dies wäre ein massiver Angriff auf die Unabhängigkeit der EZB. Für die Notenbank ist der starke Euro ein Problem, weil dann importierte Waren billiger werden und das Preisniveau weiter unter Druck gerät.

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