Europas Banken immer stärker unter Druck

Europas Banken geraten massiv unter Druck: Nach dem Streit über staatliche Kapitalspritzen fordern europäische Politiker einen höheren Beitrag zur Griechenlandrettung.
von  dpa

New York/Berlin - Wirtschaftsmächte wie Japan und die USA drängen die Europäer gleichzeitig immer stärker, der Finanzbranche unter die Arme zu greifen. Die Ratingagentur Fitch drohte einer Reihe von Großbanken mit der Abstufung ihrer Kreditwürdigkeit, darunter auch der Deutschen Bank, während Standard & Poor's die Bonität Spaniens herabstufte. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte vor übertriebenen Hoffnungen auf einen Befreiungsschlag.

Übermäßige Verschuldung und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit hätten sich über Jahre und Jahrzehnte aufgebaut, Lösungen könnten nicht über Nacht gefunden werden, sagte die CDU-Vorsitzende. "Es gibt nicht den einen großen Wurf, den einen großen Paukenschlag, mit dem alles vorbei ist", sagte sie. Die Kanzlerin und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatten ein Gesamtpaket zur Euro- und Bankenrettung bis Ende des Monats angekündigt.

Nach den Worten von Finanzminister Wolfgang Schäuble ziehen Deutschland und Frankreich bei der Lösung der Euro-Schuldenkrise an einem Strang. "Wir haben eine gemeinsame Position", sagte der CDU-Politiker in Paris nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Beide Länder seien überzeugt, gemeinsam die europäische Währung als eine stabile Währung verteidigen zu können. Details nannte er vor den zweitägigen Gesprächen der Finanzminister und Notenbankchefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) an diesem Freitag und Samstag allerdings nicht.

Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker drohte, die Geldinstitute notfalls zur Unterstützung Griechenlands zu verpflichten. Private Banken müssten wissen, dass es zu einer "nicht freiwilligen Gläubigerbeteiligung" kommen könne, wenn der freiwillige Beitrag aus Sicht der Euro-Länder nicht mehr ausreichend sei, sagte er im Deutschlandfunk. Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister François Baroin kündigte einen deutsch-französischen Vorschlag dazu an.

Die privaten Geldgeber haben bisher zugesagt, eine Wertminderung um 21 Prozent bei ihrem Griechenland-Engagement zu akzeptieren und längere Kreditlaufzeiten mit Athen zu vereinbaren. Die Debatte über eine höhere Beteiligung war erstmals vor zwei Wochen aufgekommen, die Banken hatte solche Vorschläge postwendend abgelehnt.

Juncker betonte, höhere Eigenkapitalquoten der Banken seien notwendig. "Wo Rekapitalisierungsbedarf besteht, müssen wir dafür sorgen, dass rekapitalisiert wird", sagte er. Die Bundesregierung beharrte darauf, europäische Geldhäuser notfalls mit Hilfe des Staates zu rekapitalisieren. Deutschlands Banker hatten massiv Front gegen Kapitalspritzen gemacht.

Der Euro-Krisenfonds EFSF erwarte von den Banken keine starke Nachfrage seiner Gelder, sagte dessen Finanzchef Christophe Frankel. Der Fonds werde nur als allerletzter Geldgeber einspringen. Zunächst müssten die Geldhäuser versuchen, Geld am Kapitalmarkt zu beschaffen. In einem zweiten Schritt müssten die nationalen Regierungen mit Finanzspritzen helfen.

Nach Angaben eines EU-Diplomaten wird der EFSF künftig voraussichtlich als Versicherer für Staatsanleihen operieren. So könnte der Fonds teilweise für Anleihen garantieren und damit den Kauf kritischer Papiere - wie griechischer Staatsanleihen - für Investoren wieder attraktiv machen.

Auf diese Weise entstünde eine Hebel-Wirkung: Wenn der EFSF für einen Anteil von 20 Prozent garantiere und das Risiko abdecke, würde ein Euro Garantie fünf Euro Finanzierung für ein Krisenland möglich machen.

Derweil gingen die Streiks in Griechenland weiter, fast überall türmten sich in den großen Städten des Landes Müllberge auf. Neben der Müllabfuhr streikten auch die Taxi- und Busfahrer von Athen. Finanzminister Evangelos Venizelos sagte, die Griechen schuldeten dem Staat insgesamt 37 Milliarden Euro. Er werde die Steuerhinterzieher in der kommenden Woche "an den Pranger" stellen, ihre Namen sollten veröffentlicht werden. Insgesamt gehe es um rund 15 000 Menschen.

Die Regierung im pleitebedrohten Portugal kündigte neue drastische Sparmaßnahmen an: Damit löste sie im ärmsten Land Westeuropas eine Welle der Empörung aus. Unter anderem werde man allen Bediensteten und Pensionären des Staates, die mehr als 1000 Euro im Monat beziehen, in den nächsten zwei Jahren das 13. und 14. Monatsgehalt streichen, sagte Regierungschef Pedro Passos Coelho. Nicht nur die linksgerichtete Opposition, auch die Kirche prangerte die meisten Maßnahmen scharf an.

Spanien wird von S&P nun mit der vierthöchsten Note "AA-" bewertet, das heißt einer nur noch guten Bonität. Die Abstufung erhöht den Druck auf Spanien - je schlechter die Kreditwürdigkeit, desto höhere Zinsen werden für die Aufnahme neuer Schulden fällig.

Fitch begründete den düsteren Ausblick für die Banken am Donnerstagabend mit Turbulenzen an den Finanzmärkten und schärferen Vorschriften für Geldinstitute. Für einige Banken, darunter die Schweizer UBS, die Lloyds Banking Group und die Landesbank Berlin, setzte die Agentur das Langfrist-Rating direkt herab. Der Deutschen Bank droht den Experten zufolge eine Abstufung um eine, höchstens zwei Stufen auf der Bonitätsskala.

Merkel sprach sich für eine Finanztransaktionssteuer aus, um zumindest in Europa, besser noch weltweit die Akteure auf den Finanzmärkten für die Bewältigung der Krise zur Kasse bitten zu können. "Es kann nicht sein, dass sich auch Länder außerhalb des Euroraumes, die uns immer wieder von außen zum Handeln auffordern, um die Schuldenkrise zu bewältigen, gleichzeitig einer Finanzmarkttransaktionssteuer umfassend verweigern", sagte sie angesichts des Widerstands etwa aus den USA.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.