EU zwingt Google zur Reform

Ob Hotelsuche oder Preisvergleich: Wer bei Google im Internet sucht, soll künftig mehr Auswahl haben. Der US-Konzern gibt im jahrelangen Tauziehen mit der EU nach - und entgeht dafür einer Strafe
Brüssel – Google dürfte im Wettbewerbsstreit mit der EU-Kommission um eine drohende Milliardenstrafe herumkommen. Nach drei Jahren Streit um die Anzeige der Ergebnisse bei der Google-Internetsuche stellte die EU-Kommission am Mittwoch eine Beilegung des Falls in Aussicht. „Die Vorschläge reichen meiner Ansicht nach aus, um unsere Bedenken auszuräumen“, sagte EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Mittwoch in Brüssel. „Die Probleme der Vergangenheit werden in Zukunft nicht mehr auftreten.“
Formal soll die Entscheidung zwar erst in einigen Monaten fallen, da die EU-Kommission noch die Meinung von Google-Konkurrenten einholen will. Doch Almunia ließ keinen Zweifel daran, dass der Fall beigelegt werden soll: „Ich sehe nicht, warum ich meine Meinung ändern sollte.“
Der Streit dreht sich um die Suchanzeigen in spezialisierten Bereichen wie dem Kartendienst Maps, Preisvergleiche oder die Suche nach Hotels und Restaurants. Die EU-Kommission wirft Google vor, eine marktbeherrschende Stellung auszunutzen. Der Konzern benachteilige Wettbewerber wie Microsoft und Preis- oder Reisesuchmaschinen und rücke eigene Dienste in den Vordergrund.
Nun will der Konzern Links zu alternativen Angeboten deutlich sichtbarer anzeigen. Google garantiert laut Almunia, beim Suchergebnis neben eigenen Spezial-Services für Waren, Hotels oder Restaurants stets auch drei Konkurrenzangebote anzuzeigen. Diese sollen bei jeder Suchanfrage mit einem „objektiven Verfahren“ nach den Google-Algorithmen ausgewählt werden. Almunia sagte: „„Die Konkurrenzdienste werden für Nutzer klar sichtbar und attraktiv sein.“
Dabei gelte das Gleichheitsgebot: Stelle Google etwa bei seinen Treffern ein Foto dazu, müsse auch das Angebot des Rivalen ein Foto enthalten. Diese Zusagen sollen für fünf Jahre verbindlich werden und für alle Verbraucher gelten, die Google-Webseiten von einer europäischen IP-Adresse aus nutzen. Google hat in den EU-Ländern zum Teil über 90 Prozent Marktanteil bei der Internet-Suche.
In den USA war eine ähnliche Untersuchung der dortigen Wettbewerbshüter für Google glimpflich ausgegangen. In Brüssel hatten sich 18 Konkurrenten beschwert. Auch der sich abzeichnende Kompromiss mit der Komission war bei Europäischen Zeitungsverlegern und Wirtschaftsverbänden bereits im Vorfeld auf Kritik gestoßen. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) hatten jüngst in einem gemeinsamen Brief an Almunia davor gewarnt, dass die Zugeständnisse Googles unwirksam seien und Googles dominante Stellung noch verstärkten – und nicht brechen würden. Almunia wies die Kritik zurück: „Bei uns geht es um den Schutz des Wettbewerbs und des Verbrauchers – und nicht darum, die Konkurrenten selbst zu schützen.“
Und so sieht die Lösung im einzelnen aus:
– Google will Suchergebnisse aus eigenen Diensten deutlicher kennzeichnen und Rivalen mehr Platz einräumen. Die EU-Kommission hatte kritisiert, dass Google eigene spezialisierte Dienste zum Beispiel bei der Suche nach Flügen, Hotels oder Restaurants den Angeboten aus Konkurrenz-Suchmaschinen vorziehe. Künftig werden Treffer aus Google-Diensten klarer ausgezeichnet und optisch von den restlichen Suchergebnissen abgetrennt. Drei Ergebnisse aus konkurrierenden Suchmaschinen sollen in gleichwertiger Aufmachung mit den Google-Treffern präsentiert werden.
– Konkurrenz-Suchmaschinen bekommen die Möglichkeit, ihre Inhalte aus Google-Diensten herauszuhalten. Hintergrund ist, dass bei Google zum Beispiel Bewertungen von Restaurants oder Hotels aus den anderen Diensten auftauchen können. Die Anbieter sollen dies sehr punktuell verhindern können. Das Versprechen dabei ist, dass dies keinen negativen Einfluss auf das wichtige Ranking in der Google-Suchmaschine haben werde.
– Google sichert zu, dass Website-Betreiber bei Anzeigen-Vereinbarungen nicht dazu gedrängt werden, Online-Werbung nur über Google zu beziehen. Die Kommission war über eine solche Exklusivität bei den Deals besorgt.
– Google verpflichtet sich, keine Hürden für den Wechsel von Werbekampagnen im Umfeld der Internet-Suche aus seinem Dienst AdWords zu anderen Suchmaschinen aufzustellen. Hier hatte die Kommission kritisiert, dass Google Software-Werkzeuge verbiete, die dies erleichtern könnten.