EU-Kommission will Frauenquote
BRÜSSEL „Geschafft!“, jubelte EU-Justizkommissarin Viviane Reding gestern früh. Bis zuletzt war unklar, ob sie sich im Kreis der EU-Kommissare würde durchsetzen können. Umso größer war die Freude bei den Befürwortern einer Frauenquote. Bis 2020 müssen zwei von fünf Aufsichtsratsposten börsennotierter Unternehmen weiblich besetzt sein. So steht es jetzt im Gesetzentwurf der Kommission. Um die 5000 europäische Firmen stellen sich jetzt vorsichtshalber auf die Quote ein. Ihnen drohen ab 2016 Sanktionen, falls sich die Kommission durchsetzt.
Werden freie Stellen bei gleicher Qualifikation nicht vom jeweils unterrepräsentierten Geschlecht besetzt, müssen die Mitgliedsländer Geldbußen verhängen oder die Ernennungen für nichtig erklären. Dies träfe etwa BMW (vier Frauen im 20-köpfigen Aufsichtsrat), Siemens (drei von 20) oder die Allianz (drei von zwölf).
„Heute ist ein historischer Tag“, verkündete Reding. Noch ist aber unklar, ob die Quote tatsächlich kommt. Sowohl das EU-Parlament als auch die Mitgliedsstaaten müssen nämlich zustimmen. Neun Länder unter Führung von Großbritannien drohen damit, dort das Gesetz zu blockieren. In Deutschland regt sich seit langem Widerstand, unter anderem von prominenten Frauen. Bundeskanzlerin Angela Merkel teilte mit, die Emanzipation in den Aufsichtsgremien „muss auf nationaler Ebene geregelt werden“. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder sagte, Brüssel habe keine Zuständigkeit: „Die nationale Gesetzgebung muss Vorrang haben vor Brüsseler Vorschriften.“ Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte der WAZ-Gruppe, der EU-Entwurf sei „realitätsfern, weil die Vergabe von sensiblen Aufsichtsratssitzen nicht wie eine normale Stellenausschreibung funktioniert“. Unterstützung bekam Viviane Reding dagegen der EU-Politikerin Silvana Koch-Mehrin (FDP): „Die EU braucht einen radikalen Wandel. Selbstverpflichtungsmaßnahmen haben gezeigt, dass sie weder hinreichend noch effizient sind.“ Viviane Reding hatte ihren Entwurf entschärft, um ihren Kritikern entgegenzukommen. So können die EU-Staaten eigene Förder-Programme für Frauen beibehalten. Das könnten auch die umstrittenen Selbstverpflichtungen sein.