EU-Kommission stellt Vorschläge zur Reform der EU-Schuldenregeln vor

Verschuldete Staaten sollen nach dem Willen der EU weniger Druck bekommen. Manche Kritiker fürchten schon die nächste Krise.
von  Katrin Pribyl
Die EU-Kommission will die Schuldenregeln vereinfachen - und lockern. Das freut nicht alle.
Die EU-Kommission will die Schuldenregeln vereinfachen - und lockern. Das freut nicht alle. © imago images/IlluPics

Es ist eine Debatte, die in Brüssel seit Jahren wie in der Dauerschleife läuft. Wie können die Schuldenregeln für die Euro-Zone reformiert und vor allem an die Realität angepasst werden?

Gestern legte die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine Reform vor. Im Kern empfiehlt sie neue individuell verhandelte Schuldenabbaupläne für jeden Mitgliedstaat, die vom Rest der Partner gebilligt werden müssten. Hoch verschuldete Staaten sollen nach dem Willen der Brüsseler Behörde mehr Zeit erhalten, um Schulden zu senken und das Defizit-Ziel zu erreichen.

"Streben ein einfacheres System fiskalischer Regeln an"

"Wir streben ein einfacheres System fiskalischer Regeln an, mit mehr Eigenverantwortung der Länder und mehr Spielraum für den Schuldenabbau - aber kombiniert mit einer stärkeren Durchsetzung", sagte der für Handelsfragen zuständige Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis. Langfristig sollen Verstöße gegen die Regeln demnach härter bestraft werden.

Der EU-Parlamentarier Joachim Schuster (SPD) sprach von einem "Drahtseilakt". Zwar sei es mit Blick auf die unterschiedlichen Schuldenstände innerhalb der EU "sinnvoll und notwendig", mehr Flexibilität zuzulassen. "Doch dafür brauchen wir nachvollziehbare und klare Kriterien, die für alle gleichermaßen gelten."

Zentrale Richtwerte des "Stabi-Pakts" bleiben unangetastet

Die Grünen-Europaabgeordnete Henrike Hahn begrüßte die "Integration der Haushaltspläne in die nationalen Energie- und Klimapläne" als "positiven Schritt nach vorn". Die zwei zentralen Richtwerte des "Stabi-Pakts" bleiben laut Vorschlag unangetastet. Darauf hatten fiskalisch konservative Länder wie Deutschland und Österreich bestanden.

So erlauben die Vorgaben den EU-Ländern eine jährliche Neuverschuldung von maximal drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und eine Gesamtverschuldung von höchstens 60 Prozent.

Die Maastricht-Kriterien sollen eigentlich sicherstellen, dass die Schulden in der Euro-Zone nicht völlig aus dem Ruder laufen. Normalerweise müssen Staaten pro Jahr fünf Prozent der Schulden, die über der 60-Prozent-Marke liegen, zurückzahlen.

Im Dezember besprechen die  27 Finanzminister das Diskussionspapier 

Wegen der Corona-Pandemie liegen seit Frühjahr 2020 die strikten Haushaltsregeln auf Eis, um den damals unter Lockdowns ächzenden Ländern milliardenschwere Wirtschaftshilfen zu ermöglichen. Bis 2024 sieht Brüssel von Strafmaßnahmen ab.

Insbesondere für das Wachstum in Ländern wie Italien wäre die Durchsetzung der Regeln verheerend. Deshalb soll ein reformierter Pakt greifen, wenn die Vorgaben wieder in Kraft treten. Brüssel kapituliert vor der Realität - und versucht, sich in gewisser Weise anzupassen. Im Dezember sollen die 27 Finanzminister das Diskussionspapier besprechen.

Kritik kam von deutscher Seite. Hätte die Kommission die Schuldenregeln von Anfang an konsequent durchgesetzt, bräuchte es keine Reform, befand der EU-Parlamentarier Markus Ferber (CSU) und warnte: "Wir steuern mit hohem Tempo auf die nächste Staatsschuldenkrise zu."

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