Erneuter Nervenkrieg bei Karstadt
Der Personalabbau bei Karstadt läuft. Kündigungen gibt es (vorerst) nicht, dafür eindringliche Gespräche
München - Wer hat die besseren Nerven? Auf diese simple Formel lassen sich zurzeit die Auseinandersetzungen reduzieren, die viele Karstadt-Beschäftigte mit ihren unmittelbaren Chefs führen müssen. Die Geschäftsführer der Karstadt-Einheiten wollen Personal reduzieren – mehr oder weniger subtiler Druck auf die Mitarbeiter lässt sich da kaum vermeiden.
2000 Vollzeitstellen sollen bundesweit bei Karstadt gestrichen werden. Da viele Beschäftigte in Teilzeit arbeiten, entspricht dies mindestens 3000 Menschen, die das Unternehmen verlassen sollen, berichtet die Gewerkschaft Verdi. Rund zehn Prozent der knapp 1400 Karstadt-Stellen in München dürften im Lauf der nächsten Monate wegfallen.
Der Grund für die erneute Rotstiftaktion: Nach acht Jahren, in denen die Beschäftigten auf die Tariflöhne verzichteten, gilt seit dem 1. September für die Warenhauskette wieder das Gleiche wie für alle anderen tarifgebundenen Einzelhandelsunternehmen. Das bedeutet erhöhte Lohnkosten. Die will die Unternehmensleitung jetzt über einen erneuten Stellenabbau wieder hereinholen. Besonders älteren Beschäftigten würden Aufhebungsverträge angeboten, berichtet Georg Wäsler von der Gewerkschaft Verdi.
Von betriebsbedingten Kündigungen ist (noch) nicht die Rede – deshalb wird im ungünstigsten Fall mit Tricks gefochten: „Ein Verkäufer, der bisher in der Multimedia-Abteilung gearbeitet hat und zu den Lebensmitteln versetzt wird, überlegt sich wahrscheinlich, ob das für ihn eine berufliche Zukunft hat“, sagt Wäsler. Da die Umsätze bei Hifi- und anderen Multimedia-Geräten bei Karstadt eher mau sind, werden diese Abteilungen genauso geschlossen wie die Karstadt Ateliers, in denen Kunden bisher Textilien umnähen lassen konnten.
Keine Fragen stellen sich für die Beschäftigten der Karstadt-Gastronomiebetriebe: Sie wechseln zur früheren Hertie-Tochter Le Buffet, allerdings zu schlechteren Konditionen. Georg Wäsler beziffert die Abstriche, die sich durch die Auslagerung ergeben, auf zehn Prozent. Einen denkbar schlechten Verhandlungsstand haben auch die Karstadt-Beschäftigten mit Zeitverträgen – ihre Stellen werden wohl zum großen Teil nicht verlängert. Investor Nicolas Berggruen hat immerhin versprochen, sich nicht, wie verschiedentlich berichtet, von einzelnen Premium-Häusern zu trennen. Allerdings ist klar, dass Karstadt die Neustrukturierung aus eigener Kraft schaffen muss – dicke Investitionszuschüsse von Berggruen aus dessen Privatschatulle sind nicht zu erwarten.
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