Ermittlungen gegen Middelhoff

Ex-Arcandorchef Thomas Middelhoff steht jetzt offiziell unter Untreue-Verdacht. Karstadt weist in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres einen operativen Gewinn auf. Münchner Insolvenzverwalter: Wenn die Lieferanten Vertrauen zum Insolvenzverwalter fassen, bestehen sie nicht unbedingt auf Vorkasse.
von  Abendzeitung
Nur nicht unterkriegen lassen: Trotz Insolvenz kämpfen die Karstadt-Beschäftigten weiter um ihre Jobs
Nur nicht unterkriegen lassen: Trotz Insolvenz kämpfen die Karstadt-Beschäftigten weiter um ihre Jobs © dpa

Ex-Arcandorchef Thomas Middelhoff steht jetzt offiziell unter Untreue-Verdacht. Karstadt weist in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres einen operativen Gewinn auf. Münchner Insolvenzverwalter: Wenn die Lieferanten Vertrauen zum Insolvenzverwalter fassen, bestehen sie nicht unbedingt auf Vorkasse.

ESSEN/MÜNCHEN Für die Arcandor-Beschäftigten mag’s eine Genugtuung sein: Seit Freitag ermittelt die Staatsanwaltschaft offiziell gegen Thomas Middelhoff, den Ex-Vorstandschef des Pleiteunternehmens. Hintergrund ist sein Engagement bei einem Immobilienfonds, der Karstadt Häuser abkaufte und dann zu hohen Preisen vermietete.

Im Gegenzug war dem Vernehmen nach ursprünglich geplant, dass der Konzern an Gewinnen aus Projekten des Fonds beteiligt werde. Er tat es aber nicht, und Middelhoff verzichtete in seiner Funktion als Arcandor-Boss darauf, das Geld einzuklagen. Seine Begründung: Anwälte hätten ihm abgeraten, weil das Prozessrisiko zu hoch gewesen sei. Nachdem Bundesjustizministerin Brigitte Zypries einen Interessenskonflikt witterte, ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft gegen Middelhoff.

Die Belegschaft der Kaufhäuser kann währenddessen – Ironie der Insolvenz – für die ersten sechs Monate des laufenden Geschäftsjahres einen operativen Gewinn von sieben Millionen Euro vorweisen, berichtet die „FTD“. Das Blatt beruft sich auf das Gutachten für den gescheiterten Bürgschaftsantrag von Arcandor. „Bezogen auf die Umsatzrendite zeigt sich bei Karstadt ein klar positiver Trend“, heiße es in der Expertise einer Wirtschaftsprüfungsfirma.

Jetzt kommt es auf den Insolvenzverwalter an

Kann Karstadt also doch profitabel arbeiten? Vorerst ist unklar, in welchem Umfang das Sortiment aufrechterhalten wird. Der Insolvenzverwalter kündigte an, alle neubestellten Waren vollständig zu bezahlen. „Zum Teil verlangen die Lieferanten bei Pleite-Unternehmen Vorauskasse“, berichtet der Münchner Insolvenzverwalter Axel Bierbach (Schrannenhalle, Akzenta, Auto-König). „Allerdings kann es schon passieren, dass Lieferanten, wenn die alte Geschäftsführung erst einmal weg ist und sie Vertrauen zum Verwalter fassen, dem Unternehmen doch wieder längere Zahlungsziele einräumen. Der Insolvenzverwalter würde schließlich nie Rechnungen unbezahlt lassen - damit wäre sein Ruf ruiniert."

Läuft die Zusammenarbeit zwischen dem Insolvenzverwalter und den Lieferanten gut, muss Arcandor das Sortiment also nicht wider Willen abspecken. Bisher scheint aber alles offen. „Selbstverständlich werden wir uns unserem langjährigen Partner gegenüber loyal zeigen“, sagte etwa Thorsten Grönlund, Marketing-Geschäftsführung von S. Oliver, am Freitag diplomatisch. Zur Frage, in welchem Umfang Lieferungen eingeschränkt würden, gab das Unternehmen keine Stellungnahme ab. Ähnlich der Pfannen-Hersteller Berndes: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir solche Fragen nicht beantworten möchten.“

Adidas-Vorstandschef Herbert Hainer spricht etwas offener über das schwierige Verhältnis zu Arcandor: Sein Unternehmen liefere schon „seit Wochen“ nichts mehr an Arcandor – mangels Bestellungen. Hainer glaube aber an einen Neuanfang vor allem der Sporthäuser: „Die machen ja die Türen nicht zu. Die werden das Geschäft fortführen, wenn auch wohl mit reduzierten Kollektionen.“ sun

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