Erbprinz: "Angriff auf Liechtenstein"

Alois von und zu Liechtenstein beklagt einen «vollkommen überrissenen Angriff» in der Affäre um Steuerhinterziehungen. Er kritisiert heftig den «Datenklau» durch den BND und droht mit juristischen Schritten.
Liechtenstein hat Deutschland in der Steueraffäre scharf angegriffen und eine Kampagne gegen das Fürstentum beklagt. Mit ungewöhnlicher Schärfe sagte Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein am Dienstag in Vaduz, es handle sich um einen «vollkommen überrissenen Angriff auf Liechtenstein». Er warf den deutschen Behörden vor, «offensichtlich im großen Stil Hehlerei» betreiben zu wollen, um an gestohlene Daten heranzukommen.
Es sei ein Affront, unmittelbar vor dem Besuch von Regierungschef Otmar Hasler in Berlin den Steuer-Fall des zurückgetretenen Post-Chefs Klaus Zumwinkel so hochzuspielen. Hasler wird am Mittag in Berlin erwartet. Die Gespräche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück sind an diesem Mittwoch geplant. Liechtenstein droht Deutschland wegen des Kaufs gestohlener Bankdaten mit juristischen Schritten. Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein sagte, er nehme die jüngsten Vorgänge besorgt zur Kenntnis. «Wir werden weitere rechtliche Schritte überprüfen, um unsere Bürger und auch die Anleger vor derartigen Untersuchungsmethoden, die in Liechtenstein gesetzlich nicht gedeckt sind, zu schützen.»
«Rechtlich völlig undenkbar»
Erbprinz Alois nannte das Vorgehen der deutschen Ermittler auf der Grundlage gestohlener Daten in Liechtenstein rechtlich völlig undenkbar. In seinem Land könnten «fiskalische Interessen nicht über rechtsstaatliche Prinzipien gestellt werden». Die liechtensteinische Justiz habe deshalb auch ein Ermittlungsverfahren gegen die unbekannte Täterschaft wegen Verletzung eines Betriebsgeheimnisses zugunsten des Auslandes eingeleitet.
Der Justizminister und stellvertretende Regierungschef Klaus Tschütscher griff den deutschen Auslandsgeheimdienst BND scharf an, der vier bis fünf Millionen Euro an einen Informanten für brisante Bankdaten aus dem Land gezahlt hatte. Die liechtensteinische Regierung sei entsetzt gewesen, dass deutsche Behörden so «drakonische und rechtsstaatsfeindliche Methoden» angewandt hätten. Die Anstiftung zum Verrat von Geschäftsgeheimnissen sei strafbar.
Internationale Standards
Tschütscher sagte, er habe für Rechtssicherheit zu sorgen, auch für diejenige der Anleger und Geschäftspartner. «Zur Rechtssicherheit gehört nach unserer Rechtsordnung auch der Respekt der Privatsphäre. Diese Privatsphäre kann nur bei begründetem Verdacht auf eine kriminelle Handlung aufgehoben werden.» Tschütscher betonte zugleich, Liechtenstein habe seit dem Jahr 2000 zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um den Finanzplatz an internationale Standards heranzuführen, damit Geldwäsche oder organisierte Kriminalität verhindert werden. Der Minister erwähnte die Einrichtung einer Finanzmarktaufsicht im Jahr 2005, das Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU aus dem Jahr 2004 sowie gut ein Dutzend weitere Gesetzesänderungen. Zudem gebe es eine enge Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden. Liechtensteinische Staatsanwälte und Untersuchungsrichter hätten in den vergangenen Jahren in unzähligen Fällen eng und erfolgreich mit ihren deutschen Kollegen zusammengearbeitet.
«Angriff auf Liechtenstein«
Deutschland werde «mit seinem Angriff auf Liechtenstein nicht das Problem mit seinen Steuerzahlern lösen», sagte Erbprinz Alois. Nach einer in deutschen Medien zitierten internationalen Studie werde das deutsche Steuersystem als das schlechteste weltweit eingestuft - noch nach Haiti. «Deutschland sollte seine Steuergelder besser dafür einsetzen, sein Steuersystem in den Griff zu bekommen, als Millionenbeträge für Daten auszugeben, deren rechtliche Verwertbarkeit zweifelhaft ist», so der Fürst. Liechtenstein geht davon aus, dass die den deutschen Steuerfahndern vorliegenden Daten eine Kopie des gestohlenen Materials der LGT-Bank von 2002 sind. Der Täter sei damals kurz nach der Tat festgenommen und die gestohlenen Disketten seien zurückgegeben worden. Für Liechtenstein sei damit der Fall zunächst zu Ende gewesen. Nach kurzer Haft sei der Täter wieder auf freien Fuß gekommen. Er habe sich offenbar eine Kopie der Daten gezogen. «Wir kennen die deutschen Daten nicht, aber alles spricht dafür, dass es dieselben Daten von damals sind und dass diese Daten aus 2002 von der LGT- Treuhand jetzt im deutschen Besitz sind», sagte der Erbprinz. Es handle sich um 500 Kunden, die bei einer Tochter der LGT-Treuhand Stiftungen angelegt hätten. Insgesamt habe die LGT rund 77.000 Kunden. (dpa)