Energiepreise im freien Fall: Wo sich ein Wechsel jetzt lohnt

Die Preise für Strom und Gas sind im Sinkflug, zeigt eine Analyse von Verivox. Warum es sich jetzt auszahlt, die Tarife zu vergleichen.
von  Maximilian Neumair
Den Laptop aufklappen und Tarife von Strom- und Gasanbietern vergleichen, lohnt sich jetzt wieder besonders.
Den Laptop aufklappen und Tarife von Strom- und Gasanbietern vergleichen, lohnt sich jetzt wieder besonders. © imago images/Westend61

Berlin/München - Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat den Energiemarkt auch hierzulande heftig durcheinandergewirbelt. Doch auf starke Preisanstiege folgt seit mehreren Monaten endlich der Abfall bei Strom und Gas. Dieser Trend hält an - trotz Netzkostenanstieg und erhöhtem CO2-Preis. Das zeigt jüngst eine Analyse vom Vergleichsportal Verivox, das über eine der deutschlandweit größten Datenbanken für Energietarife verfügt. Demnach sind die Strompreise für Neukunden innerhalb der letzten zwölf Monate um 38 Prozent gesunken. Die Gaspreise bei Neuabschluss sind im gleichen Zeitraum sogar um 49 Prozent gefallen.

Verivox liefert eine Beispiel-Rechnung: Ein Drei-Personen-Haushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden bezahlte im Januar 2023 bei Neuabschluss im günstigsten Stromtarif im bundesweiten Durchschnitt 1.657 Euro. Im Januar 2024 liegt er gerade mal bei 1.028 Euro. "Obwohl die Stromnetzgebühren durch den Wegfall des Zuschusses der Bundesregierung zum Jahreswechsel stärker anstiegen als erwartet, sind die Angebote der überregionalen Stromversorger nicht teurer geworden. Die Beschaffungskosten der Unternehmen sind niedriger als vor einem Jahr, wodurch die Mehrkosten bisher aufgefangen werden", sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox.

Deshalb ist der Strom wieder günstiger

Die Verbraucherzentrale Bayern benennt auf Anfrage der AZ den gestiegenen Anteil der Erneuerbaren Energien als Grund für die Vergünstigungen der Großhandelsstrompreise. Auch die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke machte sich wegen ihres kleinen Anteils an der Stromproduktion preislich nicht bemerkbar.

Was die regionale Grundversorgung betrifft, zeichnet sich jedoch ein leichter Trend zu Preiserhöhungen ab: Laut Verivox wurden für Februar und März 32 Preissenkungen von durchschnittlich fünf Prozent angekündigt. Gleichzeitig gibt es jedoch 66 Preiserhöhungen von ebenfalls durchschnittlich fünf Prozent. Vergleichsweise düster sieht es für Bayern aus: Hier gibt es für Februar und März 15 Strompreiserhöhungen von durchschnittlich sechs Prozent. Allerdings nur zwei Senkungen von durchschnittlich 13 Prozent, teilt Verivox auf Nachfrage der AZ mit.

"Gas muss nicht mehr kurzfristig teuer auf dem Markt eingekauft werden"

Noch mehr Einsparpotenzial gibt es laut Verivox bei neuen Gasverträgen. Für etwa 20.000 Kilowattstunden Gas (Einfamilienhaus) kostete der günstigste Tarif im Schnitt 3.202 Euro im Januar 2023. Ein Jahr später nur noch 1.556 Euro, also ein Preisabfall um fast die Hälfte. "Die kurzfristige Erhöhung des CO2-Preises für fossile Brennstoffe auf 45 anstatt auf 40 Euro im Jahr 2024 hat keine sichtbaren Auswirkungen auf die Gaspreise für Neukunden", sagt Energieexperte Storck. "Die Gasversorger müssen diese Erhöhung nicht direkt weitergeben, da die Großhandelspreise für Erdgas im vergangenen Jahr deutlich gesunken sind."

Ein Sprecher der Verbraucherzentrale Bayern begründet die Preisentwicklung so: "Der Gasbedarf ist unter anderem aufgrund der warmen Winter gesunken. Dadurch muss Gas von den Gasanbietern nicht kurzfristig teuer auf dem Markt eingekauft werden."

Auch im regionalen Bereich überwiegen die Senkungen. Für Februar und März 2024 wurden insgesamt 39 Preissenkungen von durchschnittlich 14 Prozent angekündigt. Für Bayern sind es zwei Preissenkungen von durchschnittlich 19 Prozent. Preiserhöhungen gibt es bundesweit 25-mal mit einem durchschnittlichen Anstieg von zwei Prozent (in Bayern zwei Steigerungen mit einem Prozent). Der nächste Preisanstieg für Gas ist jedoch bereits im Anflug: "Spätestens im zweiten Quartal wird auf Erdgas allerdings wieder die volle Mehrwertsteuer von 19 Prozent fällig, was einer Preissteigerung von rund elf Prozent entspricht", sagt Storck. 20.000 Kilowattstunden werden automatisch um rund 240 Euro im Schnitt teurer.

Strom und Gas wechseln: Diese Tipps gilt es beim Nutzen von Portalen wie Verivox zu beachten

Die Energieexperten von Verivox raten wegen der aktuellen Preisentwicklung zu einem Wechsel zu einem günstigeren Tarif. Ein Drei-Personen-Haushalt könnte dadurch bis zu 1.700 Euro sparen. Dabei gilt es laut Verbraucherzentrale Bayern zu beachten, wann der eigene Vertrag überhaupt gekündigt werden kann – der Termin dazu ist auf der letzten Abrechnung zu finden. Außerdem empfehlen die Verbraucherschützer, Verträge von maximal zwölf Monaten abzuschließen.

Für die Suche nach billigeren Tarifen auf Vergleichsportalen wie Verivox gibt die Verbraucherzentrale ebenfalls einige Tipps: Erstens solle man sich nicht den Bonus einrechnen lassen, um Jahreskosten besser einschätzen zu können. Zweitens sollte man sich nicht nur die Tarife anzeigen lassen, zu denen man direkt über das Portal wechseln kann. Drittens sollte die Voreinstellung "hohe Kundenempfehlungsquote" ausgestellt werden. Und, viertens, nur einen Tarif pro Anbieter anzeigen lassen.

Ob die Preise weiterhin fallen, hängt laut Verbraucherzentrale Bayern von folgendem Zusammenhang ab: "Je größer der Anteil der Erneuerbaren Energien in Deutschland wird und je schneller der Ausbau der Netze voranschreitet, desto unabhängiger sind wir von Energieimporten und desto günstiger und preisstabiler wird Energie für die Verbraucher."

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