Einmaliger Skandal
"Ein Deutscher adelt einen Leugner der Gaskammern - unfassbar!": Matthias Maus, der AZ-Chefreporter, über den Papst und Merkels Reaktion.
Mancher Skandal braucht länger, bis er Wirkung entfaltet. Mehr als eine Woche köchelte die Fassungslosigkeit über den Papst, bis sich jetzt sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Wort meldete. Die Kanzlerin rüffelt den Papst – ein einmaliger Vorgang.
Es ist auch eine einmalige Katastrophe, die Ratzinger angerichtet hat. Die Vorstellung, dass ausgerechnet ein Deutscher vor derWeltöffentlichkeit einen Leugner des Holocaust rehabilitiert – das ist und bleibt unfassbar.
Benedikt adelt nicht nur Sektierer und Spinner, er verprellt nicht nur die Juden und weltoffene Christen, er beschädigt darüber hinaus die Arbeit von mehr als sechs Jahrzehnten, in denen sich die Deutschen mit dem Holocaust auseinandersetzen. Deshalb ist Merkels Kritik berechtigt.
Der Papst aus Bayern steht nicht an der Spitze irgendeiner Organisation. Die Kirche lebt von der glaubhaften Vermittlung von Werten, sie muss stehen für Versöhnung, für Menschenwürde. Diese Position muss eine Kirche vertreten, die in einer Welt voller Rücksichtslosigkeit ernst genommen werden will.
Diese Position ist in Gefahr, das erkennen die kirchlichen Würdenträger, die ihre Entgeisterung nicht mehr verbergen. Deren Mut zur indirekten Kritik am Papst ist neu und erfrischend, ausreichend ist er nicht. Anstatt immer noch von einem Kommunikationsdebakel zu sprechen oder von schlechten Beratern, die Benedikt in die Irre führen, braucht es ein klaresWort. Der Papst muss seinen Schritt rückgängig machen, oder er hat sträflich versagt.
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