Eine Perversion

Körperverletzung ist ein Fall für den Staatsanwalt – hier auch. AZ-Chefreporter Matthias Maus kommentiert den Trend zu Schönheits-Operationen für Kinder.
von  Abendzeitung
Matthias Maus
Matthias Maus © az

Körperverletzung ist ein Fall für den Staatsanwalt – hier auch. AZ-Chefreporter Matthias Maus kommentiert den Trend zu Schönheits-Operationen für Kinder.

Der Wunsch nach Schönheit ist so menschlich wie Hunger und Durst. Ästhetik gehört zum Leben wie zur Kunst, das Streben nach Wohlgestalt findet sich – unabhängig von Moden und Idealen – in jeder Kultur.

Es ist auch grundsätzlich nichts Verwerfliches daran, sich unters Messer zu legen. In den meisten Fällen verdeckt die aufwändige Täuschung das wahre Alter ohnehin nur ungenügend. Doch selbst bei Jugendlichen oder Kindern sind Szenarien denkbar, wo das Skalpell des Schönheitschirurgen nützlich ist. Wer erlebt hat, wie eine Klassenmeute auf die abstehenden Ohren eines Erstklässlers reagieren kann, der weiß, was seelische Grausamkeit heißt. Und doch fragt man sich, was wohl in den Köpfen der Eltern vorgeht, die ihre gerade zwölfjährige Tochter zur Brustvergrößerung bringen.

Das kann nicht nur sträfliche Gedankenlosigkeit sein beim Erfüllen eines kindischen Wunsches. Dahinter steckt auch die Perversion des Gedankens, die Natur beschleunigen und austricksen zu können. Klingt alles ein wenig nach Frankensteins Töchtern, aber offensichtlich gibt es diese Fälle – und es gibt offenbar die Ärzte, die dabei mitspielen.

Zu gerne würde die kosmetische Chirurgie den Ruch des Zweifelhaften verlassen, der ihr oft noch anhaftet.Wenn Verbandsfunktionäre von solchen Exzessen Kenntnis haben, dann reicht der Ruf nach der Standesorganisation nicht aus. Dann ist es Zeit für den Staatsanwalt: Der ist für vorsätzliche Körperverletzung zuständig.

Matthias Maus

Der Autor ist Chefreporter der AZ

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