Eine Enttäuschung
Die Richtung: Hilf dir selbst, die Gesellschaft tut es nicht - Arno Makowsky, AZ-Chefredakteur, über den schwarz-gelben Koalitionsvertrag.
Wie verkauft man einen mittelmäßigen Koalitionsvertrag? Wichtigste Regel: Stell’ ein positives Ergebnis in den Vordergrund und rede pausenlos darüber, damit es den misslungenen Rest überstrahlt. Nach dieser Devise preisen die schwarz-gelben Koalitionäre Merkel, Westerwelle und Seehofer ihre Steuerentlastungen für Familien an. Kindergeld und Freibetrag rauf, Wahlversprechen erfüllt, wie schön. Alles andere scheint dagegen nicht mehr so wichtig.
Ist es aber schon. 24 Milliarden Euro Steuerentlastung hat die Koalition beschlossen – in einer Zeit, in der die Staatskassen so verschuldet sind wie nie zuvor. Wo das Geld herkommen soll, sagt sie nicht. Von Haushaltskürzungen ist keine Rede, von Steuererhöhungen sowieso nicht.
Man vertraut voll und ganz darauf, dass durch größeres Wachstum wieder mehr Steuereinnahmen fließen. Ob das stimmt, weiß niemand. Einen Unternehmer, der ein solches Finanzierungskonzept vorlegt, würde man als unseriös bezeichnen.
Dazu kommt, dass die Wohltaten für Familien und Kinder schnell relativiert werden durch die drohende Erhöhung der Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge. Die Versicherten müssen mehr bezahlen, der Arbeitgeberanteil bleibt gleich: Das ist die Handschrift der FDP. Eine Politik, deren Richtung klar ist: Hilf dir selbst, die Gemeinschaft tut es nicht.
Und sonst? Der Koalitionsvertrag enthält viele Enttäuschungen. Von den verlängerten Laufzeiten der Atomkraftwerke bis zur absurden Verkürzung des Wehrdienstes: Die Koalitionäre tun gut daran, darüber möglichst wenig zu reden.
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