Ein guter Brauch?

Das Trinkgeld-Verbot ist mehr als nur Symbol-Politik - Julia Lenders, Lokalredakteurin, über das Trinkgeld-Verbot für Müllmänner.
von  Abendzeitung

Das Trinkgeld-Verbot ist mehr als nur Symbol-Politik - Julia Lenders, Lokalredakteurin, über das Trinkgeld-Verbot für Müllmänner.

Kanalarbeiter haben einen Job, um den sie wohl die Wenigsten beneiden. Erzieherinnen brauchen Nerven wie Drahtseile, um den Geräuschpegel der lieben Kleinen zu ertragen. Und Straßenkehrer sind bei Wind und Wetter draußen, um unsere Stadt schön sauber zu halten. Trotzdem war bei diesen drei Berufsgruppen schon immer klar, dass sie keine Trinkgelder bekommen. Die Müllmänner bildeten eine Ausnahme – nur sie durften an Weihnachten für eine milde Gabe die Hand aufhalten.

In erbosten Leserbriefen ist nach dem Trinkgeld-Verbot für die „Tonnenleut“ viel von einem „guten alten Brauch“ die Rede, der jetzt zerstört wird. Ein „guter alter Brauch“, der mit Gleichbehandlung wirklich gar nichts zu tun hatte.

Und der immer auch die Gefahr barg, unguten Sitten Vorschub zu leisten. Denn besonders großzügige Trinkgeld-Spender hofften gewiss nicht selten darauf, dass sich der Müllmann an anderer Stelle kulant zeigte – wenn die Mülltonne mal wieder überquoll. Eine schwierige Situation für die Abfall-Fahrer.

Freilich könnte man das Trinkgeld-Verbot als Symbol-Politik abtun. Während die Münchner Müllmänner maximal 3000 Euro an Weihnachten einstrichen, wurden bei Siemens & Co. heimlich die Millionen verschoben. Trotzdem ist die neue Regel richtig. Denn wenn es wirklich nur um eine Wertschätzung für die Müllmänner geht, dann gibt es andere Mittel als Geld. Selbstgebackene Plätzchen. Ein warmes Wort des Dankes. Oder auch nur sauber geräumte Wege im Winter, um ihnen die Arbeit zu erleichtern.

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