Ein dreistes Papier
Das Awacs-Urteil ist eine Blamage für die schwarzen Sheriffs. Markus Jox über die Vorschläge der Union zur Sicherheitspolitik.
Was für eine Blamage für die Union: Unmittelbar bevor die Außen- und Verteidigungsexperten von CDU und CSU am Mittwoch im Bundestag mit breiter Brust und in schnarrendem Ton ihr „Sicherheitskonzept“ präsentierten, ließ das Bundesverfassungsgericht lässig die Luft aus dem aufgeblasenen Traktat entweichen. In ihrem Awacs-Urteil legten die Richter präzise dar, warum es keinen bewaffneten Auslandseinsatz deutscher Soldaten ohne die Zustimmung des Parlaments geben darf. Genau das Gegenteil aber hatte die Union gefordert und dabei einmal mehr verkannt, dass der Bundestag keine Quasselbude ist – sondern die erste Gewalt im Staate.
In ihrem gerade mal 13 Seiten dünnen Papier haben es die schwarzen Sheriffs fertiggebracht, dreist an mehreren Grundfesten der Republik zu rühren: Einsatz von Soldaten im Inland? Kein Problem! Zivile Tradition der deutschen Außenpolitik? Der Anti-Terror-Kampf ist wichtiger als Akademikergequatsche! Parlamentsarmee Bundeswehr? Alle Macht gehört ins Kanzleramt!
Hier wiederholt sich ein empörendes Muster, das bereits bei den letztenWatschn aus Karlsruhe – etwa zur Onlinedurchsuchung – zu beobachten war: Freundlich dankt die Politik für ein wegweisendes Urteil, um ungerührt weiter in die entgegengesetzte Richtung zu marschieren. Man sollte sich vom weichen badischen Singsang des Innenministers nicht täuschen lassen:Wolfgang Schäuble verfolgt seine Linie knallhart. Und die ist geprägt von Sicherheitsfetischismus und dem Schleifen der Freiheitsrechte.
Markus Jox
Der Autor ist Politikredakteur der Abendzeitung