Doppelzüngig

"Dem Ironiker aus Ingolstadt trauen Freund und Feind alles zu": Markus Jox, Politikredakteur der Abendzeitung, über die Grabenkämpfe in der Union.
von  Abendzeitung

"Dem Ironiker aus Ingolstadt trauen Freund und Feind alles zu": Markus Jox, Politikredakteur der Abendzeitung, über die Grabenkämpfe in der Union.

Die Schlagzeilen heute gehören wieder einmal ihm, dem selbst ernannten Populisten aus Ingolstadt: Im „Spiegel“ singt Horst Seehofer ein artiges Lied der Gemeinsamkeiten auf die Union und kippt mal nebenbei das 50-Prozent-plus-X Ziel seiner Partei, während dem CSU-Chef im „Focus“ garstige Gehässigkeiten gegen „Mutti Merkel“ in den Mund gelegt werden. Auch wenn Seehofer Letzteres sofort hat dementieren lassen: Freund und Feind in der Politik trauen dem Ironiker längst alles zu. Dass er heute A und morgen mit derselben Entschiedenheit B sagt.

Wer aber im Verdacht steht, doppelzüngig zu reden, der verliert bei den Bürgern schleichend Glaubwürdigkeit und Vertrauen, das wichtigste Kapital in der Politik. Und das hat der Union im Moment gerade noch gefehlt. Wenn der Wirtschaftsminister frustriert und gedemütigt die Brocken hinschmeißt, sein Nachfolger mit ungedeckten Schecks eine große Steuerreform verheißt und der sonst so besonnene Fraktionschef in einer Talkshow die Contenance verliert, dann zeigt das: Die Nerven liegen blank bei CDU und CSU.

Und zwar zurecht: Die angezählte, aber noch nicht besiegte SPD wird im Wahlkampf alles daran setzen, das plumpe Feindbild eines „Professors aus Heidelberg“ durch einen „Freiherrn aus Franken“ zu ersetzen. Und viele Anhänger des so gerne beschworenen bürgerlichen Lagers laufen bereits in Scharen zur FDP über, wo sich Westerwelle genüsslich die Hände reibt. Wenn sich die Union jetzt nicht endlich zusammenreißt und solidarisch zusammensteht, ist im Herbst alles möglich. Sogar ein Linksrutsch.

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