Doch lernfähig

Solms versucht, den Wählern einen Bären aufzubinden - Georg Thanscheidt, Vize-Chefredakteur der AZ, über das Steuerkonzept der FDP.
Angenommen, ein Freund hat Ihnen vor zwei Jahren für eine kleine Handreichung eine Bezahlung von 300 Euro versprochen. Jetzt ist Ihr Freund gerade ein wenig klamm und will nur 150 Euro zahlen. Das allein wäre schon ein Grund, verstimmt zu reagieren. Wenn Ihr Freund das aber auch noch mit den Worten rechtfertigt, er sei „in keiner Weise von seinen Vorstellungen abgerückt“, sondern „konzentriere sich auf das realistisch Machbare“, kann man schon ernsthaft sauer werden.
Und genau diesen Bären versucht der Finanz-Experte der FDP, Hermann Otto Solms, nun den Wählern aufzubinden.
Im Juni 2008 hatten die Liberalen in München ein Steuerkonzept beschlossen: Einen Drei- Stufen-Tarif und mehr als 32 Milliarden Euro Entlastung für die Bürger. Womit gehen sie nun in die Gespräche mit der Union? Mit einem Fünf-Stufen-Modell und 16 Milliarden Euro Entlastung. Für die Liberalen ist das „kein Wortbruch“ – aber wohl auch nur für die Liberalen.
Steuersenkungen, Stufentarif, Kopfpauschale – in allen wirtschaftsliberalen Kern-Themen beweist der vermeintlich kleine Mann mehr Kompetenz als die FDP.
Umfragen zeigen: Die Deutschen wissen, dass nicht die Zeit ist für Steuersenkungen. Sie ärgern sich über das komplizierte Steuerrecht, lehnen aber einen Stufentarif – der vor allem Freiberuflern und Unternehmern mit „Gestaltungsspielraum“ nutzt – ab. Und die Kopfpauschale finden viele einfach nur unsozial. Das mit den Steuersenkungen hat die FDP nun kapiert - vielleicht erweist sie sich bei den anderen Themen auch als lernfähig.