Dilettantisch

Frank Müller, AZ-Politikchef, über die Deals im Falle Sarrazin. Eigentlich klar: Ein Bundespräsident ist kein Ministerpräsident
Vermutlich wünscht sich SPD-Chef Sigmar Gabriel, er könnte mit seinem ungeliebten Oberquerulanten Thilo Sarrazin genauso kurzen Prozess machen, wie dies Sarrazins Arbeitgeber, die Bundesbank, tat. Doch so einfach geht es eben nicht, und das ist auch gut so. Denn während sich die SPD mit dem Parteiausschluss ihres selbsternannten Völkerkundlers redlich abmüht, kommen im Fall Bundesbank scheibchenweise unangenehme Wahrheiten ans Licht.
Rekapitulieren wir den Fall: Da hat Bundespräsident Christian Wulff der Bundesbank sehr früh einen Rauswurf Sarrazins nahegelegt. Weil er gleichzeitig derjenige ist, der einen Rausschmiss prüfen und unterzeichnen hätte müssen, warf dies Fragen nach seiner Unabhängigkeit auf. Gleichzeitig wurde deutlich, dass Sarrazin in einem Gerichtsverfahren ziemlich gute Karten hätte. Dann spannte Wulff seine Leute ein und ließ sie einen Vergleich zwischen Bundesbank und Sarrazin aushandeln. Offenbar übernahm Wulffs Team dabei sogar die Position des Arbeitgebers.
All das kann man tun, wenn man Länderministerpräsident ist und hinter den Kulissen etwa bei VW die Fäden zieht, wie Wulff dies lange Jahre tat. Als Bundespräsident aber sollte sich ein solches Gedeale verbieten – ganz besonders dann, wenn man es mit der zweiten großen unabhängigen Institution des Landes zu tun hat: der Bundesbank. Wenn beide das Vertrauen in sie so dilettantisch beschädigen, schadet dies dem Land mehr als Sarrazins obskures Buch.