Dieser Anwalt will an unsere Steuermillionen

Mit Milliarden rettete der Staat die HRE – jetzt soll er wieder zahlen. Christian Wefers verklagt die Skandalbank auf 320 Millionen Euro Schadenersatz. Wenn er Erfolg hat, muss der Steuerzahler zum zweiten Mal bluten.
Von Christian Plößl und und Simona Asamy
Sitzungssaal 137, Justizpalast München, gestern um 11.30 Uhr. Die Luft ist stickig, die Atmosphäre angespannt. Als Christian Wefers den Raum betritt, richten sich alle Augen auf den 33-jährigen Juristen. Wefers ist von seiner Wahlheimat Florida nach München gejettet, um vor Gericht Millionen zu erstreiten.
Millionen von der Skandalbank Hypo Real Estate (HRE). 320 Millionen Euro Schadenersatz fordert er im Namen von 40 Fondsgesellschaften aus aller Welt. „Der Betrag kann sich aber während des Prozesses noch deutlich erhöhen“, verspricht Wefers. Der Vorwurf: Die HRE hat Anleger nicht über die miese Lage der Bank informiert und soll nun für die Schäden haften.
Dumm nur, dass nicht etwa die Pleite-Manager wie Ex-HRE-Boss Georg Funke zahlen, wenn Wefers Erfolg hat. Sondern der Steuerzahler. Die HRE gehört mittlerweile dem Staat. Und der hat die HRE im vergangenen Jahr mit über 100 Milliarden Euro gerettet. Gewinnt Wefers, muss der Steuerzahler zum zweiten Mal bluten.
Wefers sagt während des Prozessauftaktes keinen Ton. Er lässt seinen Anwalt Andreas Tilp sprechen. Der erklärt, warum sein Mandant sich von der HRE verschaukelt fühlt. Das Unternehmen habe seine Anleger über die wahre Geschäftslage getäuscht, sagt er. Als die HRE vor dem Kollaps stand, hätten ihre Manager die Anleger beschwichtigt. Diese deckten sich mit neuen Aktien ein – und verloren so viele Millionen Euro, als die Bank kollabierte und der Börsenkurs abstürzte.
Die Chancen auf einen Erfolg der Klage stehen gar nicht so schlecht: Richter Matthias Ruderisch hat Wefers „gewisse Erfolgschancen“ eingeräumt. Zwischen dem 27. November 2007 und dem 15. Januar 2008 hätte das HRE-Management seine Pflichten verletzt. Wefers wollte ursprünglich erreichen, dass Schäden ersetzt werden, die zwischen Juli 2007 und Oktober 2008 entstanden sind. Aus rein finanziellem Interesse: je länger der Zeitraum, desto mehr Millionen Schadenersatz. Bis zu 500 Millionen Euro hatte er sich ausgerechnet.
Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist sauer: „Wenn die Bundesregierung dieses Institut nicht maßgeblich unterstützt hätte, dann hätten diese Aktionäre heute niemanden, den sie beklagen könnten, weil es diese Bank nicht mehr gäbe“, zürnt er.
Ist die Klage nun also Gerechtigkeit – oder einfach nur die Dreistigkeit von Finanz-Zockern, die den Steuerzahler ausnehmen wollen? Für Christian Wefers ist die Sache klar: „Fonds sind dazu verpflichtet, die Ansprüche ihrer Anleger geltend zu machen.“ Ein Unrechtsbewusstsein hat er nicht. Er kritisiert, dass die staatliche Bankenaufsicht versagt habe: „Hätte die Regierung rechtzeitig bemerkt, was mit der HRE los ist, wäre das alles nicht so schlimm geworden und sie hätte Geld sparen können.“
Richter Ruderisch hat gestern einen Kompromiss vorgeschlagen: Je nach Zeitpunkt der Aktienkäufe könnte die HRE zehn bis 100 Prozent des Schadens zahlen.
Wefers feiert das als Erfolg: „Das Gericht sieht doch eindeutig, dass Ansprüche auf der Klägerseite da sind. Ansonsten würde es doch niemals einen Vergleich vorschlagen.“ Wieviel Geld er am Schluss für seine Mandanten vom Steuerzahler bekommt, entscheidet sich am 14. Januar 2010: Dann will Ruderisch seinen Beschluss verkünden.