Diese Münchner Filialen machen dicht
Für 21 Münchner Filialen ist mit Samstag, 24. März, Schluss. Ein Räumungsrabatt von 30 Prozent auf alles soll die Regale leeren und den Kunden den Abschied versüßen
MÜNCHEN Die Liste ist lang: 21 Münchner Schlecker-Filialen machen am Samstag in zehn Tagen dicht. Viele Verkäuferinnen hoffen noch, aber auch für die verbleibenden Filialen gibt’s keine Garantie. „Ich möchte nichts sagen - sonst habe ich bald gar keine Arbeit mehr.“ Diesen Satz bekommt man häufig zu hören, wenn man derzeit mit Schlecker-Verkäuferinnen spricht.
Viele können noch hoffen: Wenn die Filiale schließt, bedeutet das noch nicht Jobverlust, denn es wird einen Sozialplan geben. Also wird der Frust zurückgehalten. Die Filiale in der Erzgießereistraße steht auf der Schwarzen Liste, sie liegt versteckt, wenig Kunden verirren sich hierher. Für Schlecker scheint sie so unbedeutend, dass die Rabattplakate, die andere Filialen schon haben, hier noch gar nicht eingetroffen sind.
Die Filiale Schleißheimerstraße 460 im Hasenbergl hat die 30%-Plakate schon. Die Verkäuferin, eine hübsche junge Frau aus Bosnien, möchte zunächst auch nichts sagen. Dann seufzt sie und bricht ihr Schweigen. Sie macht sich weniger Sorgen um ihre eigene Zukunft als um ihre Stammkunden: „Hier gibt’s keinen anderen Drogeriemarkt. Gerade alte Leute kommen oft zu Fuß her, die müssen jetzt zwei Kilometer weiter laufen.“
Auch Renate Sturm kauft in der Filiale ein. Die 46-jährige Mutter zweier Töchter arbeitet im Sonnenstudio gegenüber und geht zweimal die Woche in der Mittagspause zu Schlecker, um für ihre Familie zu shoppen: „Duschgel, Kosmetikartikel oder Rasierbedarf für meinen Mann. Es ist immer was im Angebot.“ Sie schätzt die Nähe und die persönliche Bekanntschaft. Gemeinsam mit einer anderen Kundin rechnet sie: „30 Prozent von 3,49 Euro abziehen, das macht ungefähr einen Euro weniger.“ Man kennt sich, man hilft sich.
Die Filiale in der Schleißheimerstraße 106, Ecke Georgenstraße, hat noch Hoffnung. Räumungsrabatt gibt es hier nicht, stattdessen ist ein Plakat zu sehen: Wir sind weiter für Sie da! Die 45-jährige Journalistin Elke Löw kauft hier vor allem wegen der Nähe ein, sie wohnt um die Ecke. Welcher Drogeriemarkt es ist, war ihr bisher „Jacke wie Hose“. Jetzt aber leidet sie mit den Verkäuferinnen mit: „Die tun mir Leid – immer schon schlecht bezahlt, oft allein im Laden, und jetzt müssen sie auch noch um ihren Job zittern.“
Denn auch die Mitarbeiterinnen in fortgeführten Filialen können ihres Jobs nicht sicher sein. Ver.di-Bereichsleiter Hubert Thiermeyer erinnert daran, dass in Bayern schon 320 Filialen geschlossen wurden. Auch ihre Arbeitnehmerinnen müssen im Sozialplan berücksichtigt werden. Selbst wer seinen Job vorerst behält, ist noch nicht sicher. Der Insolvenzverwalter hat nämlich noch keinen Investor gefunden, der sein Konzept übernehmen würde.
Den Schlecker-Betriebsräten liegt die Entlassungsliste bereits vor, es sollen tausende Namen daraufstehen. Die Betriebsräte dürfen prüfen, entscheiden können sie nicht. Thiermeyer hat noch nicht aufgegeben: „Wir kämpfen für die Schlecker-Frauen, so wie sie zuvor für ihre Rechte gekämpft haben.“
Hier steht das große Schließen bevor:
Über folgende Münchner Filialen ist das Urteil schon gefällt – am Samstag, den 24. März, ist für sie Schluss:
Albert-Roßhaupter-Str.
Am Harras
Bayerstraße
Blutenburgstraße
Erzgießereistraße
Fürstenrieder Straße
Giesinger Bahnhofstr.
Grillparzerstraße
Hermann-Lingg-Straße
Jean-Paul-Richter-Str.
Korbinianstraße
Lina-Hähnle-Straße
Riesenfeldstraße
Rosental
Schleißheimer Straße (zwei Filialen)
Schlierseerstraße
Tegernseer Landstraße
Viktoriastraße
Wendl-Dietrich-Straße
Zielstattstraße
Gewerkschafter bitten um Hilfe bei Bund und Ländern, doch bisher ohne sichtbaren Erfolg
BERLIN Eine Kreditbürgschaft, Förderanträge bei der EU, Extra-Gelder des Bundesarbeitsamtes – die Liste möglicher Hilfen für Schlecker ist lang. Der Insolvenzverwalter bräuchte auf die Schnelle 70 Millionen Euro für eine Transfergesellschaft, in der die gekündigten Verkäuferinnen wenigstens für ein paar Monate unterkommen könnten, bevor sie einen neuen Job finden oder Arbeitslosengeld beantragen.
Doch Bund und Länder schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu, keiner will Millionen für die heruntergewirtschaftete Kette lockermachen. Das Bundeswirtschaftsministerium stellte klar, dass insolvente Firmen wie Schlecker für Kredite der Staatsbank KfW nicht in Frage kämen. Wirtschaftsstaatssekretär Bernhard Heitzer findet außerdem, dass eigentlich Baden-Württemberg für Schlecker zuständig ist.
Den Verkäuferinnen mag dies wie Hohn im Ohr klingen, nachdem andere Firmen wie Opel mit Hilfen vom Bund unterstützt wurden. In Berlin kommt diese Argumentation aber nicht gut an. Der Überbrückungskredit aus dem „Deutschlandfonds“ für Opel in der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 sei ein Sonderfall gewesen, heißt es dort.
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