Die Willfährige

Der Vize-Chefredakteur der AZ Georg Thanscheidt über den Schlingerkurs von Ilse Aigner

Der Dioxin-Skandal ist die bisher größte Bewährungsprobe für Verbraucherministerin Ilse Aigner – und sie wirkt in der Bewältigung dieser Krise ziemlich orientierungslos. In den letzten zwei Jahren hat sich Aigner sich redlich an der Bedrohung deutscher Vorgärten durch Google und Drohnen (!) abgearbeitet, beim ersten realen Problem geht die CSU-Frau auf einen gefährlichen Schlingerkurs.

Als vor einer Woche massenhaft Dioxin-Futter gefunden wurde, gab Aigner die Besonnene: Es sei zu früh für „vorschnelle Lösungen“. Und die Frage nach schärferen Kontrollen sei eh „hinfällig“, wenn der Futtermittelbetrieb amtlich nicht gemeldet sei. Leider sieht die Realität anders aus: Der Betrieb in Uetersen ist nicht nur amtlich registriert – er hat auch noch das Gütesiegel QS und hat das Gift wohl schon weitaus länger ins Futter gemischt. Trotzdem behauptet Aigners Ministerium, dass in einem solchen Fall die Verseuchung nicht durch eine Trennung der Produktion von Futter- und Industriefetten zu verhindern sei. Vier Tage später schlägt sie genau diese Trennung vor – und übernimmt brav die Ideen der Agrarlobby, die sich für mehr Selbstkontrolle ausgesprochen hatte. Aigner, die Willfährige.

Das nächste Kapitel, die nächste Inszenierung gestern morgen im ZDF: Aigner gibt die Hardlinerin, fordert jetzt doch härtere Strafen und schärfere Kontrollen. Und hat entdeckt: „Das ist ein echter Skandal, was hier vorgefallen ist.“ Willkommen in der Realität, Frau Ministerin!