Die Wahlkampf-Lüge
Stillhalteabkommen zwischen Industrie und Regierung - Volker ter Haseborg, AZ-Redakteur, über den Abbau von Jobs nach der Bundestagswahl.
Deutschland im Spätsommer 2009: Der Himmel über München ist blau, die Lebensmittelpreise sinken, die Renten steigen. Die Zahl der Arbeitslosen ist trotz Finanzkrise noch einigermaßen überschaubar. Und auf Druck der CSU hat sich auch noch Spaßbremse Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu breitschlagen lassen, dass sie für Steuersenkungen ist. Natürlich nur, wenn es mit der schwarz-gelben Koalition klappt. Gibt es da noch Grund zum Meckern?
Ja, den gibt es leider. Solange unsere Politiker wahlkämpfend durch die Republik touren, gibt es eine Art Stillhalteabkommen zwischen Regierung und Industrie. Deutschlands Spitzenmanager wartenmit den Entlassungen, bis die nächste Regierung feststeht.
Dass nach dem 27. September Jobs gestrichen werden, ist sicher: 1,4 Millionen Deutsche machen derzeit Kurzarbeit, 500 000 Arbeitsplätze werden nur gerettet, weil sie die Bundesagentur für Arbeit mit Steuer-Milliarden finanziert. Doch die Mittel der Bundesagentur werden bald aufgebraucht sein.
Und was dann? Das Ende der Kurzarbeit und auch das Ende des Stillhalteabkommens zwischen Regierung und Wirtschaft kann Hunderttausende arbeitslos machen. Je mehr Menschen in den kommenden Monaten ihren Job verlieren, desto mehr Geld brauchen die Sozialkassen. Wer soll das bezahlen, wenn nicht die Bürger? Die nächste Regierung wird deshalb die Steuern erhöhen müssen.
Dass Merkel und die CSU immer noch Steuersenkungen versprechen, ist angesichts dieser Aussichten schon jetzt eine Wahlkampf-Lüge.