Die Tricks der Bankomaten-Bande

Diebesbanden aus Osteuropa manipulieren Geldautomaten in Bayern und plündern die Konten der Kunden. Die Gangster operieren wie moderne Firmen – ihre Opfer sind chancenlos. Die AZ zeigt, mit welchen Methoden die Daten-Diebe arbeiten.
von  Abendzeitung

MÜNCHEN - Diebesbanden aus Osteuropa manipulieren Geldautomaten in Bayern und plündern die Konten der Kunden. Die Gangster operieren wie moderne Firmen – ihre Opfer sind chancenlos. Die AZ zeigt, mit welchen Methoden die Daten-Diebe arbeiten.

Sie wollten nur Geld abheben. Doch am Bankautomat der Postbank-Filiale tappten die 150 Kunden der Postbank im September in die Falle: Gauner hatten den Automaten manipuliert, den Magnetstreifen ausgelesen, die Geheimnummer abgegriffen und die Konten leergeräumt.

Fälle wie diese gibt es in Bayern fast täglich. Skimming (englisch für „abschöpfen“) nennen Kriminalbeamte den Datenklau am Bankomaten. Gab es im Jahr 2005 in Bayern gerade noch elf Fälle von manipulierten Automaten, so sind es in diesem Jahr bislang 104. Und pro Automat können Hunderte Kunden betroffen sein. 2000 Euro erbeuten die Gauner pro Opfer. 2007 wurden deutschlandweit über 1300 Automaten frisiert, es entstand ein Schaden in Höhe von 21 Millionen Euro.

Die Banken sehen ihre Geräte ausreichend gesichert: „Die Geldautomaten sind sicher“, behauptet Kerstin Liesem vom Bankenverband. Die Innenminister der Länder kritisierten gestern auf ihrer Konferenz in Potsdam, dass die Banken vorhandene „Anti-Skimming-Technik“ zu wenig nutzen. Gegenmaßnahmen könnten „nur mit einer flächendeckenden technischen Nachrüstung der Geldausgabeautomaten mit Anti-Skimming-Modulen geschehen“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der AZ.

Die AZ erklärt die raffinierten Methoden der Bankomaten-Banden.

Die Späher

„Die meisten organisierten Banden kommen aus Osteuropa, oft aus Rumänien“, sagt Eduard Liedgens, der beim Landeskriminalamt Bayern die Abteilung „Zahlungsmittelfälschungen“ leitet. Gauner-Bosse senden Späher nach Bayern, vor allem in Großstädte wie München: Hier gibt es viele Geldautomaten, an denen häufig Geld abgehoben wird. Die Spione machen Fotos vom Automaten. So können in Osteuropa Manipulations-Geräte maßgefertigt werden.

Die Code-Knacker

Die Banden-Chefs entsenden als nächstes Monteure nach Deutschland. Diese präparieren die Geldautomaten. Zwei Daten benötigen sie: die Magnetspur unter der Karte und die Geheimzahl. Um an die Magnetspur zu kommen, installieren die Monteure Kartenlesegeräte. Diese werden als Aufsatz an die Geldautomaten geschraubt. Während der Apparat von außen unverändert aussieht, spioniert die Vorrichtung innen den Magnet-Code aus. Andere Masche: Nicht der Apparat, sondern der Türöffner wird manipuliert. „Diese Variante hat zugenommen“, sagt Ermittler Liedgens (siehe auch rechts).

Die Zahlen-Diebe

Drei Varianten gibt es, um auch an die Pin zu kommen. Zum einen schaut einer der Gauner dem Opfer über die Schulter und merkt sich die Nummer. Viel häufiger installieren die Diebe jedoch Videokameras, mit denen sie die Eingabe der Geheimzahl aufzeichnen. Diese kann im Feuermelder an der Decke installiert sein, in einem Prospekt-Halter an der Seite – oder in einer unauffälligen Leiste im Bankomaten selbst. Dritte Möglichkeit: Die Daten-Diebe montieren über der Tastatur einen Aufsatz, der genau so aussieht wie die herkömmliche Tastatur. Tatsächlich jedoch zeichnet ein Chip die Geheimnummern der ahnungslosen Kunden auf. Moderne Zahlen-Zocker wenden ein so genanntes GSM-Modul an: Der Chip schickt die Geheimzahl automatisch per SMS an die Gauner.

Die Karten-Kopierer

Kuriere übermitteln die Magnetspur und die Geheimzahl wieder nach Osteuropa. Dort bauen Spezialisten die Karten mit modernster Technik nach.

Die Abräumer

Zum Schluss räumen die Gauner mit Hilfe der gezinkten Karten die Konten ihrer Opfer leer. Das geht nur im Ausland, denn kopierte Karten funktionieren in Deutschland nicht. Die Abräumer ziehen solange Geld, bis die Karte eingezogen wird.

So wehren Sie sich gegen die Daten-Diebe

Was tun, wenn Bankautomaten-Betrüger plötzlich Geld vom Konto abbuchen? Keine Panik: In aller Regel bekommen die Kunden das Geld von ihrer Bank anstandslos wieder. Haften muss bei Schäden aus Kartenbetrug nur, wer fahrlässig handelt. Das ist beim Geldautomaten-Betrug nicht der Fall. Denn die Veränderungen am Automaten sind schwer zu erkennen. „Wenn klar ist, dass es sich um Manipulationen handelt, trägt die Bank den Schaden“, sagt Kerstin Altendorf vom deutschen Bankenverband. Dennoch sollte man sich schützen. Die wichtigsten Tipps.

Genau hinschauen!

Werfen Sie beim Geldziehen einen kritischen Blick auf Tastatur, Kartenschlitz und die Leiste über der Tastatur. Dort ist oft die Mini-Kamera angebracht. Auch Prospekthalter an der Innenseite der Automaten sind verdächtig. Benutzen sie möglichst oft denselben Automaten. Dann fallen Ihnen Änderungen eher auf. Wenn Sie etwas bemerken, verständigen Sie die Bank.

Vorsichtig sein!

Halten Sie bei der Eingabe Ihrer Geheimzahl die Hand als Sichtschutz über die Tastatur. Rückt Ihnen jemand beim Geldziehen zu nahe, bitten Sie ihn, Abstand zu wahren.

Tür prüfen!

Immer öfter manipulieren die Betrüger die Lesegeräte an der Tür zum Foyer einer Bank-Filiale. Achten Sie auch dort auf Veränderungen. Wenn Sie zwei Bank-Karten haben: Öffnen Sie die Tür mit der einen und ziehen Sie Ihr Geld mit der anderen. Und: Banken verlangen an der Tür nie die Eingabe der PIN. Wenn doch, ist was faul.

Konto checken!

Kontrollieren Sie Ihre Kontodaten. „Mindestens einmal die Woche sollten sie die Bewegungen prüfen“, empfiehlt Kerstin Altendorf. Unregelmäßigkeiten müssen Sie sofort der Bank melden. Manche Banken bieten auch die Möglichkeit an, Kontobewegungen per SMS aufs Handy mitgeteilt zu bekommen.

Volker ter Haseborg, Andreas Jalsovec

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.