Die Staats-Heuschrecken

Weil Staaten wie Saudi-Arabien oder China ihre Öl- und Rohstoff-Milliarden in staatliche Beteiligungs- gesellschaften stecken, fürchten westliche Politiker, dass diese Länder auch ihren politischen Einfluss sichern wollen. Merkel sucht im Gespräch mit Sarkozy Abwehrstrategien.
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BMW im Visier der Riesenheuschrecken.
Montage: Albert Wimmer BMW im Visier der Riesenheuschrecken.

Weil Staaten wie Saudi-Arabien oder China ihre Öl- und Rohstoff-Milliarden in staatliche Beteiligungs- gesellschaften stecken, fürchten westliche Politiker, dass diese Länder auch ihren politischen Einfluss sichern wollen. Merkel sucht im Gespräch mit Sarkozy Abwehrstrategien.

Ihren Angriff haben sie jahrelang vorbereitet: Zuerst sorgen sie dafür, dass keiner in Deutschland telefonieren kann. Schließlich gehört die Telekom jetzt ihnen allein. Binnen weniger Stunden frieren die ausländischen Investoren sämtliche Gelder der Bundesbürger ein. Denn auch diverse Banken sind in ihrer Hand. An Waffen kommt die Bundeswehr schon lange nicht mehr – schließlich haben sich die Geldgeber auch in den Rüstungskonzernen breitgemacht.

Dieses Szenario ist frei erfunden – und doch spukt es in den Köpfen deutscher Politiker herum. Weil Staaten wie Saudi-Arabien, Singapur oder China ihre Öl- und Rohstoff-Milliarden in staatliche Beteiligungsgesellschaften stecken, fürchten immer mehr westliche Politiker, dass diese Länder auch ihren politischen Einfluss sichern wollen. Die staatlichen Fonds-Manager verwalten mittlerweile ein Vermögen von 2,5 Billionen US-Dollar. Studien zufolge werden es im Jahr 2012 zwölf Billionen sein. Wenn sich an diesem Montag Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy in Straubing trifft, dann wird es wohl auch um die sogenannten Staatsfonds gehen. Derweil arbeitet die Bundesregierung an einem Gesetz, das Staatsfonds in ihre Grenzen weisen soll.

Während über Jahre die USA und die westlichen Industriestaaten ihr Geld in Entwicklungsländer pumpten, geht das Spiel jetzt anders herum. Und das sind die Zocker: China, Singapur, Taiwan, Korea – die Nationen, die mehr Autos, Elektronik und Computer exportieren als importieren. Saudi Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait – sie gelangten vor allem durch ihr Öl zu Reichtum. Auch Russland und Norwegen – sie verfügen über Öl und Gas.

So ist die neue Macht der Staatsfonds entstanden

Im November 2007 steigt der weltgrößte Staatsfonds Adia bei der US-Bankengruppe Citigroup ein, die durch die Finanzkrise ins Trudeln geraten ist. Adia gehört den Arabischen Emiraten. Der Wert des Fonds: geschätzte 900 Milliarden Dollar.

Im Dezember 2007 avanciert der Singapurer Staatsfonds zum größten Aktionär der Schweizer Bank UBS. Der Fonds aus dem südostasiatischen Stadtstaat ist mehr als 400 Milliarden Dollar wert.

Im April 2008 sichert sich ein chinesischer Staatsfonds Anteile am britischen Ölkonzern BP. Insgesamt verwalten die Chinesen Staatsfonds in Höhe von geschätzten 300 Milliarden Dollar – indirekte Folge des Handels-Ungleichgewichts mit den USA.

Im April kündigt die norwegische Zentralbank an, verstärkt mit Staatsgeldern in ausländische Immobilien zu investieren. Norwegens Staatsfonds ist 300 Milliarden Dollar schwer.

Im Mai kündigt Brasilien an, einen staatlichen Fonds zu gründen. Dank satter Öl-Einnahmen könnte der Fonds in einem Jahr schon bis zu zehn Milliarden Dollar wert sein. Auch Thailand will einen Staatsfonds gründen.

In der vergangenen Woche verkündet Kuwait, seine Beteiligungen an den US-Großbanken Citigroup und Merrill Lynch aufzustocken. Der Fonds wird auf 70 Milliarden Dollar geschätzt.

Fehlt noch Russland

Nicht immer ist dort die Grenze zwischen staatlichen und privaten Konzernen klar zu erkennen. Der staatliche Gaskonzern Gazprom ist in Deutschland bereits an einem Gemeinschaftsunternehmen mit BASF beteiligt. Auch andere russische Unternehmen schielen auf deutsche Firmen wie die Telekom.

„Wir wollen mit Hilfe der Deutschen Bank erfolgreich auf die internationalen Märkte gelangen“, sagte am Wochenende beispielsweise German Gref, der Chef von Russlands größtem Geldhaus, der Sberbank. Russlands Staatsfonds soll über 140 Milliarden Dollar schwer sein.

Die Bundesregierung will nun ein neues Gesetz, das Beteiligungen ausländischer Investoren an deutschen Unternehmen von mehr als 25 Prozent verhindert. Bedingung: Die nationale Sicherheit oder Ordnung muss gefährdet sein. Ähnliche Regeln gibt es in den USA und Frankreich. Auch deshalb ist das Treffen mit Sarkozy für Merkel so wichtig. US-Präsident George Bush trifft sie am Dienstag.

Die Chinesen lassen die Schutzwälle der Deutschen völlig kalt. Die Pläne seien „vollkommen kontraproduktiv", beschied Xinqing Gao, Chef des chinesischen Staatsfonds, unlängst. Und er droht ganz direkt mit seiner Antwort auf die Frage, wie denn das Reich der Mitte auf die Bemühungen reagiert: „Dann gehen wir eben nicht dorthin.“

Volker ter Haseborg

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