Die Spaßbremsen

Mangels Schlagkraft werden jetzt Konzerte bestreikt: Georg Thanscheidt, Vize-Chefredakteur der AZ, über den Streik der Lokführer.
von  Abendzeitung
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Illustration © Ronald Zimmermann

Mangels Schlagkraft werden jetzt Konzerte bestreikt: Georg Thanscheidt, Vize-Chefredakteur der AZ, über den Streik der Lokführer.

Die Streik-Strategen der Lokführer-Gewerkschaft steuern ihre Mitglieder geradewegs in eine Sackgasse. Die Arbeitskampf-Anstrengungen der letzten Tage haben gezeigt, dass die Gewerkschaft – entgegen ihrer vollmundigen Ankündigung – nicht in der Lage ist, den Münchner Berufsverkehr nachhaltig zu stören. Lediglich wenn, wie gestern Abend, zwei abendliche Großveranstaltungen zeitgleich stattfinden und mehr als 130 000 Menschen in den Münchner Norden strömen, könnte es zu nennenswerten Behinderungen kommen.

Das ist eine gute Nachricht für Münchner Pendler. Denn sie bringen immer weniger Verständnis dafür auf, warum die in der GdL organisierten Angestellten sich nicht mit dem von Verdi ausgehandelten Abschluss zufriedengeben. Statt 1,6 Prozent mehr Lohn ab sofort, eine Einmalzahlung von 240 Euro und noch einmal 1,9 Prozent mehr im April zu akzeptieren, konzentrieren sich die Streikenden auf ihre Forderung, dass stundenlange Wartezeiten zwischen Einsätzen auch entlohnt werden. Dieses Detail taugt vielleicht für eine erhitzte Debatte in der Tarifkommission – zur öffentlichkeitswirksamen Begründung eines Arbeitskampfes im Öffentlichen Nahverkehr taugt es nicht.

Und weil sie mangels Schlagkraft den Pendler-Verkehr nicht lahmlegen kann, betätigt sich die GdL halt jetzt beim Fußball- und Konzertbesuch als Spaßbremse. Fehlt nur noch ein – bereits angedrohter – Streik zur Wiesn. Dann hätten sich die Lokführer jeden Rest Sympathie verscherzt.

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