Die schönsten Weihnachtspossen um die Mehrwertsteuer
BERLIN - Wer hätte das gedacht: Auf frische Adventskränze gilt der ermäßigte Mehrwertsteuersatz, aber nicht, wenn getrocknetes Moos dabei ist. Und Achtung, warnt der Gesetzgeber: "Trockenmoos wird durch Anfeuchten nicht zu frischem Moos." Die skurrilsten Regelungen rund um Weihnachtsprodukte
Auch Wolfgang Schäuble (CDU) blickt nicht mehr durch. Der studierte Steuerrechtler und neue Bundesfinanzminister muss schmunzeln bei der Frage, ob er das Durcheinander der Waren überschaut, für die der ermäßigte Mehrwertsteuersatz gilt. „Nein“, gibt er in einem Interview kurz vor Weihnachten zu. „Es ist unübersichtlich.“ Über Jahrzehnte mit immer neuen kuriosen Ausnahmetatbeständen bereichert, macht es einem die Mehrwertsteuergesetzgebung tatsächlich gerade bei vielen Weihnachtsartikeln nicht leicht.
So ist ein frisch geschlagener Weihnachtsbaum steuerbegünstigt und wirft damit nur 7 Prozent seines Preises für die klammen öffentlichen Kassen ab. Stärker – obgleich nur kurzfristig – profitiert der Finanzminister von einem künstlichen Christbaum, dafür sind volle 19 Prozent Umsatzsteuer fällig.
Nur tote Esel sind steuerbegünstigt
Auch für Adventskränze gilt der ermäßigte Satz, vorausgesetzt sie sind aus frischem Material geflochten. Denn getrocknet sind „Blattwerk, Blätter, Zweige und andere Pflanzenteile (...) sowie Gräser, Moose und Flechten, zu Binde- oder Zierzwecken“ steuerlich nicht mehr privilegiert. Damit ausgebuffte Blumenhändler aber gar nicht erst auf falsche Gedanken kommen, stellt ein Hinweis zu „Position 0604“ der amtlichen „Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände“ klar: „Trockenmoos wird durch Anfeuchten nicht wieder zu frischem Moos.“
Der Esel, vor genau 2009 Jahren immerhin das bevorzugte Fortbewegungsmittel von Maria und Joseph, wird in Deutschland steuerlich regelrecht diskriminiert. So gilt der ermäßigte Steuersatz sowohl für Pferde, als auch für Kreuzungen zwischen Eselhengst und Pferdestute (Maultier) sowie Eselstute und Pferdehengst (Maulesel). Ein reinrassiger lebender Esel jedoch wird mit 19 Prozent Mehrwertsteuer verteuert. Erst geschlachtet ist das störrische Tier wieder steuerbegünstigt, als Fleisch, „frisch, gekühlt oder gefroren“.
Für Shrimps gilt etwas anderes als für Langusten
Landläufig wird oft davon ausgegangen, dass der ermäßigte Steuersatz generell für „Lebensmittel“ gilt – was freilich eine grobe Vereinfachung ist. So greift die Vergünstigung bei Gänsebraten, Fisch oder Shrimps. Für Langusten, Hummer, Austern und Schnecken müssen Feinschmecker aber den vollen Steuersatz berappen. „Getrocknete Schweineohren“ sind nur steuerermäßigt, wenn sie „genießbar“ sind, sonst nicht. Bei „Mägen von Hausgeflügel“ und „rohen Knochen“ greift der ermäßigte Satz in jedem Fall.
Jede denkbare Nahrung wurde von Amtswegen im Detail auf Subventionswürdigkeit abgeklopft. In der Küche ist zu bedenken: Steuerermäßigt sind „tierische und pflanzliche Fette und Öle sowie deren Fraktionen, ganz oder teilweise hydriert, umgeestert, wiederverestert oder elaidiniert, auch raffiniert, jedoch nicht weiterverarbeitet, ausgenommen hydriertes Rizinusöl“.
Erregung als Nebenleistung?
Auch beim Wasser ist die Sache etwas undurchsichtig. Denn das ist zwar grundsätzlich steuerermäßigt, nicht aber „Wasserdampf“ oder „Heilwasser“ und auch nicht „Trinkwasser (...), das in zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Fertigverpackungen in den Verkehr gebracht wird“.
Einen besonderes „Schmankerl“ haben sich die die Gesetzesmacher für den Schluss des 54 Punkte und unzählige Unterpunkte umfassenden Ermäßigungskatalogs aufgehoben. „Nummer 54 c) cc)“ begünstigt die Sammler von „Münzen und Medaillen aus Edelmetallen, wenn die Bemessungsgrundlage für die Umsätze dieser Gegenstände mehr als 250 Prozent des unter Zugrundelegung des Feingewichts berechneten Metallwerts ohne Umsatzsteuer beträgt“.
Dagegen mutet die zum 1. Januar 2010 in Kraft tretende neueste Steuerermäßigung für „Beherbergungsleistungen“ – sprich: Hotelübernachtungen (ohne Frühstück) – auf den ersten Blick geradezu einfach an. Noch ist aber unklar, inwieweit die Unions-Parteien damit auch Stundenhotels und damit die Prostitution fördern. Juristisch wäre hier jeweils ausschlaggebend, ob die Beherbergung „Hauptleistung“ ist und die „Erregung“ nur „Nebenleistung“ oder umgekehrt.
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