Die schiefe Bahn
Wer bringt Schaffnern bei, sie dürften Kinder rauswerfen - Matthias Maus, Chefreporter der AZ, über den Konzern und seine Skandale.
Das muss man erst mal fertigbringen. Es gibt in Deutschland ein Unternehmen, das, mitten in der größten Finanzkrise seit Jahrzehnten, noch mehr an Ansehen verloren hat als die Banken. Dieses Unternehmen ist laut repräsentativer Umfrage: Die Bahn. Irgendwas läuft schief mit dem Riesenkonzern, dessen Wirken und Dienste jeden in diesem Land betreffen. Ob das brüchige Achsen sind, aus dem Zug geworfene Kinder oder ausgefallene Züge: Der Konzern schafft es mit schöner Regelmäßigkeit, skandalöse Nachrichten zu produzieren.
Man fragt sich, wie ein so wichtiger und erfahrener Dienstleister fast die ganze Bevölkerung gegen sich aufbringen kann. Die Antwort fällt nicht leicht, es könnte aber damit zusammenhängen, dass einige wichtige Menschen nicht verstanden haben, was für ein Unternehmen sie da führen.
Wie kann es sein, dass ein milliardenschwerer Konzern High-Tech-Material einkauft, dass notorisch unzuverlässig ist? Wie kann es sein, dass dann die Kontrolleure nicht ausreichen, um die fehlerhaften Achsen schnell genug überprüfen zu können? Wie kann es sein, dass Schaffner ernsthaft glauben, sie dürften Zwölfjährige auf einsame Bahnsteige aussetzen? Wer bringt ihnen bei, dass Paragrafen wichtiger sind als Menschen? Das sind Fragen, die sich die Bahnvorstände um Hartmut Mehdorn stellen sollten – jetzt, wo sie sich nicht mehr um ihre Boni für den Börsengang kümmern müssen, haben sie ja vielleicht ein bisschen Zeit dafür.