Die Mutigen

Die Taliban hassen Schlangen vor den Wahllokalen: Der AZ-Chefreporter Matthias Maus über die Wahlen in Afghanistan
von  Abendzeitung

Die Taliban hassen Schlangen vor den Wahllokalen: Der AZ-Chefreporter Matthias Maus über die Wahlen in Afghanistan

Die Leute sind unzufrieden, sie haben Angst um ihre Existenz. Politiker haben ein miesen Ruf, die Demokratie hat viele Feinde. Und dennoch gehen die meisten zur Wahl. Nicht weil es ein Ritual wäre, sondern weil es ein Zeichen politischer Reife ist. In diesem Land leben wir. Ganz ähnliche Probleme, aber ganz ähnliche Reife beweisen die Afghanen – und doch tausendmal mehr Mut.

tausendmal mehr Mut. Überall von Kandahar im Süden bis Herat hört man dieselben Geschichten von Menschen, die nicht zur Wahl gegangen sind. Wer wollte es ihnen verdenken, wenn ihr Urnengang mit dem Tod bedroht wird. Warum wählen, wenn weder Hamid Karsai noch seine Herausforderer wirklich Grund zum Engagement bieten? Weder hat die politische Klasse die Korruption eindämmen, noch die Wirtschaft ankurbeln oder die Taliban besiegen können.

Fast alle Versprechungen blieben unerfüllt, und dennoch: Die Afghanen, seit mehr als 30 Jahren im Krieg, haben sich für diese Form der Teilhabe entschieden, die in der Region noch immer die Ausnahme ist. Sie begrüßen die Demokratie, von der Churchill sagte, sie sei das schlechteste politische System überhaupt, aber er kenne kein besseres. Schlangen vor dem Wahllokalen sind das Bild, das die Taliban hassen. Es zeigt ihnen, dass die meisten sich nicht ins Mittelalter zurückpeitschen lassen wollen.

Die Demokrate hat Mängel, aber viele Afghanen sind Demokraten. Nur einen Horst Schlämmer haben sie nicht. Für so einen Quatsch ist ihnen die Sache der Demokratie zu ernst.

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