„Die Krise stammt nicht von uns“

Der Kampf um mehr Lohn: Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer beharrt trotz der Krise auf der Acht-Prozent-Forderung. Im Interview erklärt er, warum.
von  Abendzeitung
Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer verteidigt die Acht-Prozent-Forderung
Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer verteidigt die Acht-Prozent-Forderung © dpa

MÜNCHEN - Der Kampf um mehr Lohn: Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer beharrt trotz der Krise auf der Acht-Prozent-Forderung. Im Interview erklärt er, warum.

Es geht um acht Prozent mehr Lohn: Ab heute tagen in Nürnberg die Verhandlungsführer der IG Metall Bayern und die bayerischen Metall-Arbeitgeber. Die Arbeitgeberseite warnt vor einer drohenden Rezession und kritisiert die Tarifforderung der IG-Metall. Ihr bayerischer Landesvorsitzender Werner Neugebauer will daran aber nicht rütteln lassen.

AZ: Herr Neugebauer, sind acht Prozent angesichts der Finanzkrise nicht zu viel?

WERNER NEUGEBAUER: Nein. Die Forderung ist nach langen Diskussionen in den Betrieben entstanden. Sie liegt an der untersten Grenze. Die Kollegen brauchen Geld. Die Krise stammt schließlich nicht von uns. Die Auslastung der Betriebe ist nach wie vor ausgezeichnet, sie liegt bei über 90 Prozent. Im ersten Halbjahr sind die Unternehmensgewinne massiv gesprudelt. Es wird Zeit, dass die Kollegen daran beteiligt werden.

AZ: Die Krise ist aber in der Branche schon spürbar: Die ersten Autofirmen wie Opel und BMW stoppen bereits die Produktion.

WERNER NEUGEBAUER: Ich betone nochmal: Wir kommen von einer gigantischen Auslastung. Dass die Produktionszahlen ein wenig nach unten gehen, liegt nicht an einer schlechteren Konjunktur. Die Metallbranche boomt nach wie vor.

AZ: Die Arbeitgeber sehen bei einem Abschluss von acht Prozent tausende Jobs gefährdet.

WERNER NEUGEBAUER: Das ist ein dummes Argument. Das kommt bei jeder Tarifrunde wie der Phoenix aus der Asche. Die einzigen, die Arbeitsplätze gefährden, sind die, die weltweit spekulieren und vor Gier den Hals nicht voll kriegen. Vor kurzem haben Bayerns Metall-Arbeitgeber noch verkündet, dass 50000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden - trotz eines Abschlusses von 4,1 Prozent im Jahr 2007.

AZ: Müssen sich die Firmen auf Streiks einstellen?

WERNER NEUGEBAUER: Sicher ist: Die Kollegen werden sich massiv engagieren. Die Erwartungshaltung ist hoch. Wenn wir bis 1. November nicht zu Potte kommen, dann drohen Warnstreiks. Wegen mir könnten wir aber auch schon nach der zweiten Verhandlungsrunde den Knopf dran machen und uns einigen. Aber es wird ganz sicher schwierig.

AZ: Glauben Sie nicht, dass Ihnen angesichts einer drohenden Rezession der Rückhalt in der Bevölkerung fehlt?

WERNER NEUGEBAUER: Nein, denn es geht um ein Stück mehr Gerechtigkeit. Die Arbeitnehmer geben ihr Urlaubs- und Weihnachtsgeld für gestiegene Energiepreise aus. Beschäftigte, die unter 2000 Brutto verdienen, kommen wegen der Preissteigerungen kaum über die Runden. Die Leute halten sich zurück und geben ihr Geld nur für das Notwendigste – Essen und Miete – aus. Dabei muss doch gelten: Wer gut arbeitet, soll gut verdienen.

Interview: ela

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.