Die Finanzkrise demoliert das Renten-Depot: Wenn das Geld weg ist
MÜNCHEN - Viele Sparer haben ihre private Altersvorsorge mit Fonds aufgebaut. Die sind jetzt kaum noch etwas wert, weil die Finanzkrise die Aktien in den Keller gezogen hat. Ein Schock vor allem für Rentner.
Erwin K. ist ratlos. Fast 8000 Euro hat der Münchner über Jahre in eine fondsgebundene Rentenversicherung eingezahlt. Die private Police sollte ihm im Alter ein Zusatzeinkommen zu seiner kleinen gesetzlichen Rente bescheren. Doch als K. jetzt die neueste Kontostand-Mitteilung seines Versicherers erhielt, war der 56-Jährige geschockt: Sein Vertrag ist kaum noch 2000 Euro wert, heißt es da. „Das kann doch nicht sein“, sagt K. verzweifelt. Eigentlich benötigt er die Zusatzrente dringend fürs Alter.
„Fälle wie dieser gehören mittlerweile zu unserem Tagesgeschäft“, berichtet Merten Larisch, Altersvorsorge-Experte bei der Verbraucherzentrale Bayern. Was er und seine Kollegen in anderen Beratungsstellen derzeit zu spüren bekommen: Die Finanzkrise hat die Altersvorsorge-Vermögen vieler Sparer drastisch schrumpfen lassen.
Die Anleger merken das nun, weil im Frühjahr Versicherer und Banken die Kontoauszüge verschicken. Darauf ist dann erstmals schwarz auf weiß zu sehen, was die Krise in den Depots angerichtet hat. „Die Leute stellen fest: Ein großer Teil des Ersparten ist weg“, sagt Klaus Nierendorf von der „Alte Hasen GmbH“, einem Zusammenschluss älterer Bankkaufleute, die Sparer ab 55 Jahre beraten. Ältere trifft der Kahlschlag im Depot besonders hart, weil sie bis zur Rente nur noch wenig Zeit haben, ein neues Vermögen aufzubauen. „Viele haben jetzt Angst, dass Ihnen das Geld im Alter nicht reicht“, berichtet Karl-Heinz Norek von den „Alten Hasen“.
Die Angst vor der Armut im Alter ist berechtigt: Viele Altersvorsorge-Depots sind auf weniger als die Hälfte der eingezahlten Beträge geschrumpft. Betroffen sind vor allem Sparer, die mit Aktienfonds fürs Alter vorgesorgt haben oder deren private Rentenversicherung auf Aktienfonds basiert. Mit den Kursen steigt und fällt dann die Rente. „Das Ersparte für die Altersvorsorge ist deshalb oft erbärmlich klein geworden“, sagt Experte Nierendorf. „Einige Versicherer teilen ihren Kunden schon gar nicht mehr mit, wieviel Geld sie im Rentenalter ausbezahlt bekommen.“
Das Tragische: Den meisten Anlegern war bis zur Krise gar nicht bewusst, dass ihre Zusatzrente vom Auf und Ab des Aktienmarktes abhängt. „Rund 80 Prozent der Sparer haben ihr Altersvorsorgeprodukt von der Bank oder einem Vermittler verkauft bekommen nach dem Motto: Es geht immer aufwärts“, weiß Merten Larisch. „Die denken oft, sie sind betrogen worden.“ Larisch glaubt, dass „in den Depots noch so manche Zeitbombe tickt“ – auch, weil die Bankberater ihren Kunden oft riskante Produkte wie Zertifikate verkauft haben.
Betroffenen rät der Experte zur Grundsatzentscheidung: Wer weiter an Aktien glaube, sollte überlegen, ob er nicht mit anderen als den bisherigen Fonds besser fährt. Wer die Nase voll hat vom Aktienmarkt, sollte auf sichere Sparformen für die Altersvorsorge umsteigen: „Dann muss man sich aber klar darüber sein, dass man damit die Verluste endgültig einfährt.“
Andreas Jalsovec
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