Die Euro-Rettung steht vor Gericht

Das neue EZB-Programm zur Stabilisierung ist bisher erfolgreich – die Kläger um Peter Gauweiler halten es für brandgefährlich. Karlsruhe muss entscheiden.
von  tan

 

Das neue EZB-Programm zur Stabilisierung ist bisher erfolgreich – die Kläger um Peter Gauweiler halten es für brandgefährlich. Karlsruhe muss entscheiden.

Karlsruhe - Es ist ein Verfahren mit Sprengkraft: Das Bundesverfassungsgericht hat gestern über die Frage verhandelt, ob das noch rechtens ist, was die Europäische Zentralbank (EZB) zur Euro-Rettung tut. Die Kläger, angeführt vom Münchner CSU-Politiker Peter Gauweiler, sagen Nein. Die EZB überschreite ihre Kompetenzen und gefährde die Demokratie. Wenn Karlsruhe diesen Argumenten folgt, könnte dies das Aus für den Euro sein.

Bei der Klage geht es vor allem um das Programm OMT, „Outright Monetary Transactions“, das EZB-Chef Mario Draghi im September 2012 ins Leben gerufen hatte. Damit darf die EZB notfalls unbegrenzt Anleihen von trudelnden Staaten kaufen – wenn diese sich Reformen diktieren lassen. Dass das Programm tatsächlich (bisher) geholfen hat, wird nicht bestritten: Es musste kein einziger Euro aufgewendet werden. Das Vorzeigen der Instrumente reichte, um die Märkte in der Tat bis heute zu beruhigen.

Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle machte gestern aber gleich deutlich, es spiele für das Gericht keine Rolle, ob etwas „erfolgreich“ ist, es habe zu bewerten, ob es erlaubt ist. Ein Hinweis, der für Freude unter den klagenden Euro-Kritikern sorgte. Voßkuhles nächster Satz war ein Dämpfer für sie: „Über die Sinnhaftigkeit des von Bundestag und Bundesrat mit großer Mehrheit beschlossenen Rettungspakets hat Karlsruhe nicht zu entscheiden. Das ist und bleibt Aufgabe der Politik.“

Kernfrage ist es, ob die EZB mit diesem Schritt Richtung Staatsfinanzierung ihre Kompetenzen überschritten hat. Hat sie, sagt die Bundesbank: Sie dürfe nur die Preise stabil halten. Hat sie nicht, sagt EZB-Chef Draghi: Sie dürfe auch den Euro retten – das sei unerlässlich, um die Preise stabil zu halten. Die Kritiker stören sich daran, dass indirekt auch deutsches Steuergeld im Feuer stünde, wenn OMT doch mal zum Einsatz käme – ohne dass der Bundestag zugestimmt habe. Allerdings: Die EZB unterliegt grundsätzlich keiner Weisung durch Politiker, sondern ist absichtlich unabhängig – damit kein Wahlkämpfer mal eben den Geldhahn aufdrehen lassen kann.

Dazu kommt: Das ist juristisch schwierigstes Terrain. Denn was soll Karlsruhe tun, wenn es die Meinung der Kläger teilt? Es kann als nationales Verfassungsgericht nicht der EZB sagen, was sie zu tun und zu lassen hat (sonst könnten andere nationale Gerichte das auch einfordern). „Ich halte es für schwer vorstellbar, dass deutsche Gerichte über die Rechtmäßigkeit von Handlungen der EZB befinden können“, sagt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Als denkbarer Weg gilt, dass Karlsruhe den Fall dem EU-Gerichtshof vorlegt. Der allerdings gilt als EZB-freundlich.

Also könnte Karlsruhe, sollte es die Klage für richtig halten, nur für Deutschland entscheiden: etwa, dass sich das Land aus der Euro-Rettung verabschiedet. Das wäre das Ende der Währung – ein solches Urteil gilt als unwahrscheinlich. Dietrich Murswiek, Prozessvertreter von Gauweiler, will aber einen klaren Spruch: „Jetzt hilft kein ,Ja, aber’ mehr. Jetzt ist ein Nein gefordert.“

 

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