Die DAB-Bank soll haften
Die DAB-Bank soll für Anleger-Verluste Schadenersatz zahlen. Ein Hoffnungsschimmer für alle „Accessio“-Anleger: Rund 40 000 Kunden des mittlerweile insolventen Finanzdienstleisters haben vielleicht jetzt doch noch eine Chance, einen Teil ihres verlorenen Geldes zurückzubekommen – von der Münchner Direktbank DAB.
Wie jetzt bekannt wurde, hat das Oberlandesgericht (OLG) München die DAB zu Schadenersatzzahlungen verurteilt. Der Grund: Die DAB hat mit „Accessio“ zusammengearbeitet und für die Verwahrung der Pleite-Aktien unter anderem Konten und Depots zu Verfügung gestellt.
Das Urteil: Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die Münchener DAB Bank das sittenwidrige Geschäftsmodell des Itzehoer Finanzdienstleisters „Accessio“ gefördert und damit bis zu 40 000 Kunden geschädigt hat. Diese Verhandlung vor dem Oberlandesgericht München. war allerdings nicht die erste: Die DAB-Bank war in den vergangenen Jahren immer wieder in Gerichtsverfahren verwickelt. Doch die endeten entweder zugunsten der DAB-Bank, weil die Aussagen der Zeugen keine klaren Belege für die Zusammenarbeit von DAB und „Accessio“ lieferten oder der Bundesgerichtshof hat Urteile auf Schadenersatz wieder aufgehoben. Heißt: Bislang musste die DAB noch nie etwas an Geschädigte bezahlen.
Der Unterschied zu früheren Prozessen: Durch das aktuelle OLG-Urteil könnte es nun jedoch sein, dass die Bank tatsächlich zur Kasse gebeten wird. Das OLG sah es als erwiesen an, dass die DAB über die fragwürdigen Geschäfte von „Accessio“ Bescheid wusste. Grundlage für diese Einschätzung ist ein Prüfungsberichts der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), wie aus einer Mitteilung der der Hamburger Kanzlei „Gröpper Köpke“ hervorgeht, die federführend geschädigte Accessio“-Anleger vor Gericht vertritt. In der Mitteilung der Anwaltskanzlei heißt es weiter: Die Bafin hatte 2007 wegen auffallend vielen Kundenbeschwerden eine Sonderprüfung angeordnet.
Das Ergebnis: Alle Anleger in 1111 Stichproben wurden falsch beraten. Dumm für die DAB: Diesen Prüfungsbericht kannte deren damaliger Prokurist, weil er zu diesem Zeitpunkt Mitglied des Aufsichtsrats der „Accessio“ AG gewesen ist und dieser Bericht während einer Aufsichtsratssitzung, an der er beteiligt gewesen ist, thematisiert wurde. Kurz gesagt: Die DAB wusste Bescheid. Das könnte der Münchner Bank zum Verhängnis werden. Denn ein Urteil des Bundesgerichtshof vom März 2013 besagt: Wenn eine Direktbank von einer Fehlberatung weiß, muss sie die Kunden warnen. Ansonsten können Anleger Schadenersatz verlangen.
Die Reaktion der DAB: Die DAB selbst wollte sich zu dem aktuellen Urteil nicht äußern. DAB-Sprecher Dr. Jürgen Eikenbusch antwortete lediglich per E-Mail auf eine Anfrage der AZ. Er schreibt: „Bevor uns nicht das Urteil und die Urteilsbegründung vorliegen, können wir dazu auch keine Stellung nehmen. Vielleicht ist es (...) aber interessant zu wissen, dass die DAB Bank in dieser Sache bislang noch in keinem Fall rechtskräftig verurteilt wurde. Die bisherigen Urteile des 5. Senats des OLG München in diese Richtung wurden jeweils vom Bundesgerichtshof wieder aufgehoben.“ Mögliche Folgen für die DAB: Der Hamburger Rechtsanwalt Matthias Gröpper schätzt, dass die Münchener DAB Bank mit bis zu 400 Millionen Euro im Feuer steht; Denn die Accessio AG habe Wertpapiere in Höhe von mehr als 400 Millionen Euro bei Anlegern platziert. „Und wenn diese Urteile Schule machen, wird die Bank noch sehr viele der bis zu 40 000 geschädigten Kapitalanleger entschädigen müssen. Denn noch ist nichts verjährt“, vermutet er. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die Bank kann gegen diese Entscheidung Revision einlegen.
Der „Accessio“-Fall: Der Skandal um die „Accessio-Anleger“ sorgte bundesweit für Aufsehen. Rund 40 000 Geschädigte haben durch die hochspekulativen Geschäfte des Finanzdienstleisters mehrere hundert Millionen Euro verloren. Die Masche war einfach: Das Wertpapierhaus „Accessio“, das noch vor einigen Jahren unter dem Namen Driver & Bengsch firmierte, offerierte ein Tagesgeldkonto bei der DAB Bank, das jährlich bis zu 4,5 Prozent Rendite brachte – das war auch 2005 schon mehr als der marktübliche Zins. Der Haken: Das Konto war mit einem Depotvertrag zur etwaigen Einbuchung von Wertpapieren verbunden – einem sogenannten Depotkonto. Und dafür empfahl „Accessio“ den Kunden riskante Genussscheine und Anleihen kleiner mittelständischer Unternehmen. Viele der Firmen, deren Papiere empfohlen wurden, sind inzwischen insolvent – ebenso „Accessio“ selbst. Die Anleger verloren teils Geldbeträge im sechsstelligen Bereich.