Die beste Lösung
Ein Sieg der Regie über Wagners Musikrausch - Robert Braunmüller über die neuen Leiterinnen der Wagner-Festspiele in Bayreuth.
Die Entscheidung des Stiftungsrats für das Halbschwesternduo ist ein Sieg des Regietheaters. Auch wenn dessen Besserwisserei und der Vorrang des Theaters vor den musikalischen Rauschzuständen vielen Wagnerianern gegen den Strich geht: Aufregende Inszenierungen und von ihnen ausgelöste heftige Streits sind die einzige Alternative zum Kommerzialismus und der Behäbigkeit, die sich derzeit bei Jürgen Flimms Salzburger Festspielen breitmacht.
Und jeder restaurative Versuch, auf der Bühne die Romantik nostalgisch wieder aufleben zu lassen, ist bisher peinlich gescheitert und wird es auch weiterhin tun.
Zur Erneuerung gibt es also keine Alternative. Katharina Wagners geschichtsbewusste Inszenierung der „Meistersinger von Nürnberg“ brach 2007 das große Bayreuther Tabu der Nazi-Vergangenheit. Ihre zuletzt geäußerten Ideen eines Kinder-Mitmachtheaters für Bayreuth wirkten allerdings reichlich unausgegoren.
Die Familienversöhnung nach dem plötzlichen Tod von Wolfgang Wagners Gattin Gudrun bescherte Katharina Wagner mit ihrer 63-jährigen Halbschwester Eva Wagner-Pasquier einen ausgleichenden Pol. Zu wünschen wäre allerdings, dass Nike Wagners kluge Ideen über eine Erweiterung des Festspiel-Repertoires im Siegesrausch der Halbschwestern nicht ganz in Vergessenheit geraten.
Niemand will in Bayreuth „Carmen“ sehen. Aber es wäre wünschenswert, wenn über die ewige Wiederkehr der Hauptwerke hinausgedacht würde, ohne Bayreuth gleich in ein Allerweltsfestival zu verwandeln.
Der Autor ist Kulturredakteur der AZ
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- Bayreuther Festspiele