Die bessere Alternative

Der Vize-Chefredakteur der AZ Georg Thanscheidt über die Stärken von Bus und Bahn.
Wir Münchner meckern gerne über den MVV, verspätete S-Bahnen und fehlende Ansagen in der U-Bahn. Und spotten, dass die Bahn regelmäßig von so überraschenden Ereignissen wie Schnee im Winter oder Laub im Herbst ausgebremst wird. Dabei müssten wir uns eigentlich eingestehen: Beim Verkehr messen wir mit zweierlei Maß.
Während wir bei einem Stau auf der Stammstrecke zu Wutausbrüchen neigen, nehmen wir den Stau in die City stoisch hin – wenn wir selbst am Steuer eines Autos sitzen. Werden wir mit Tempo 250 über die Schiene Richtung Hamburg chauffiert und verspäten uns eine viertel Stunde, fordern wir den Kopf des Bahn- Chefs. Wo bleibt unser Groll auf Verkehrsminister Ramsauer, wenn wir für die gleiche Strecke mit dem Auto sieben Stunden und mehr brauchen? Wer sich selbst in den Stau begibt, den bringt das offenbar nicht um. Aber wehe, er muss Zeitung lesend außerplanmäßig in der S-Bahn oder im ICE ausharren. Dabei ist die Bahn bundesweit zu 92 Prozent pünktlich – im Münchner Nahverkehr wird dieser Wert sogar übertroffen.
Dieser Durchschnittswert hilft natürlich den von Verspätung Betroffenen nichts. Und sicherlich gibt es vieles zu verbessern: Das MVV-Tarifsystem zum Beispiel. Im Wirrwarr aus Räumen, Zonen und Ringen verlieren selbst Einheimische die Orientierung. Trotz dieser Widrigkeiten hat sich die Zahl der MVVFahrgäste seit 1972 auf 620 Millionen verdreifacht. Selbst nach der Preiserhöhung bleiben Bus und Bahn die bessere Alternative zum Auto.