Deutschland darf EU-Bürgern Hartz IV verweigern

„So kann der Staat die Sozialsysteme vor Überlastung schützen“, so ein EuGH-Gutachten
von  tan

Luxemburg - Haben arbeitslose EU-Bürger Anspruch auf Hartz IV? Darüber streiten die Gerichte seit Monaten, auch in der Politik hat die CSU dieses Thema speziell für Bulgaren und Rumänen vor ein paar Monaten groß gespielt. Jetzt gibt es ein wichtiges Signal von der EU: Deutschland muss nicht zahlen, die Behörden dürfen Zuwanderern Hartz-IV-Leistungen verweigern.

Zu diesem klaren Schluss kommt Melchior Wathelet, Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof. Er legte gestern sein zentrales Gutachten vor (AZ C-333/13). In der Regel richten sich EuGH-Urteile nach dem Gutachten, der eigentliche Beschluss kommt erst in einigen Monaten.

Im konkreten Fall geht es um eine Rumänin, die seit 2010 in Leipzig wohnt. Sie hat Hartz IV beantragt, das zuständige Jobcenter lehnte ab. Sie hat keinen Beruf erlernt und war weder in Rumänien noch in Deutschland erwerbstätig, nach Angaben der Behörden bemüht sie sich auch nicht um eine Arbeitsstelle. Sie lebt bei ihrer Schwester und bekommt für ihren hier geborenen Sohn 184 Euro Kindergeld. Das Sozialgericht Leipzig urteilte, die Verweigerung von Hartz-IV-Leistungen sei nach deutschem Recht korrekt. Es bezweifelte aber, ob sie mit europäischem Recht vereinbar ist und rief das EuGH an.

"Weit entfernt, sich in den Arbeitsmarkt integrieren zu wollen"

Dessen Gutachten sagt nun: Ja, die Verweigerung geht auch nach EU-Recht in Ordnung. Deutschland darf EU-Bürger von Sozialleistungen ausschließen, wenn diese nur kommen, um Sozialhilfe zu beziehen. „So kann der Staat Missbrauch und eine gewisse Form von ,Sozialtourismus’ verhindern und die Sozialsysteme vor Überlastung schützen“, schreibt Wathelet im Gutachten. Jeder Staat dürfe Zuwanderer ausschließen, die „weit davon entfernt sind, sich in den Arbeitsmarkt integrieren zu wollen und nur das Sozialhilfesystem ausnutzen“.

Im deutschen Recht sind EU-Bürger, die hier leben und arbeiten, beim Hartz-IV-Bezug den Deutschen nahezu gleichgestellt: Wer hier schon beschäftigt war und somit eingezahlt hat, hat auch Anspruch auf Leistungen. Anders ist es bei EU-Bürgern, die frisch eingereist sind und noch nie in Deutschland gearbeitet haben. Drei Monate dürfen sie immer bleiben. Wenn sie länger in Deutschland sein wollen, müssen sie entweder ausreichend eigene Mittel haben oder eine Arbeit aufnehmen; Anspruch auf Hartz IV haben sie nach deutschem Recht eben nicht. Mehrere Gerichte hatten dazu in den letzten Monaten sich widersprechende Urteile gefällt; hier soll der EuGH-Spruch ein klärendes Signal sein. Der EU-Gutachter sagte nun, klar sei das eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu deutschen Staatsbürgern, aber sie sei zwangsläufig und rechtens.

 

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