Deutscher Staat mit Milliardenüberschuss
Frohe Kunde für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble: Die gute Konjunktur lässt die Steuergelder sprudeln. Das hat dem deutschen Fiskus im ersten Halbjahr 2012 erstmals seit Anfang 2008 wieder einen Überschuss beschert.
Wiesbaden - Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden nach vorläufigen Ergebnissen mitteilte, nahm der Staat 8,3 Milliarden Euro mehr ein, als er ausgab. Damit erwirtschafteten Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen den zweithöchsten Halbjahresüberschuss seit der Wiedervereinigung - nur die UMTS-Versteigerungen im zweiten Halbjahr 2000 füllten die Staatskassen noch stärker.
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) errechneten die Statistiker eine Überschussquote von 0,6 Prozent. Während einige Länder im Euroraum mit umfassenden Sparbemühungen versuchen, die lodernde Staatsschuldenkrise zu überwinden, ist Deutschland damit weit von der Defizit-Marke von 3,0 Prozent des BIP entfernt, die der Maastricht-Vertrag höchstens erlaubt. 2011 hatte Deutschland ein gesamtstaatliches Defizit von revidiert 0,8 Prozent erwirtschaftet.
"Die positive Entwicklung wird weiterhin durch den Arbeitsmarkt getrieben", sagte Unicredit-Ökonom Alexander Koch. Aufgrund der hohen Schwankungen sei es aber noch zu früh, Rückschlüsse auf das Gesamtjahr zu ziehen. Die bisherige Unicredit-Prognose eines gesamtstaatlichen Defizits von 0,5 Prozent - die im Einklang mit der Erwartung der Bundesbank steht - müsse möglicherweise korrigiert werden, sagte Koch: "Selbst ein kleines Plus scheint immer wahrscheinlicher."
Das wäre eine Seltenheit: Seit der Euro-Einführung erwirtschaftete die öffentliche Hand erst zweimal einen Überschuss, einmal im Jahr 2000 wegen der Versteigerung der UMTS-Mobilfunklizenzen. Zuletzt gelang dies 2007 mit einem kleinen Überschuss von 0,2 Prozent für das Gesamtjahr.
Die nach wie vor gute konjunkturelle Entwicklung habe von Januar bis Juni erneut zu höheren Staatseinnahmen geführt, berichteten die Statistiker. Insgesamt nahm der Fiskus 2,9 Prozent mehr ein als im ersten Halbjahr 2011: "Allerdings war dieser Anstieg deutlich geringer als noch vor einem Jahr, als der Zuwachs zum entsprechenden Vorjahreszeitraum noch 7,3 Prozent betragen hatte." Dennoch: Die Ausgaben der öffentlichen Hand stiegen im selben Zeitraum mit 0,8 Prozent deutlich moderater als die Einnahmen.
Ausschlaggebend für das Plus im ersten Halbjahr 2012 war nach den Angaben ein Überschuss der Sozialversicherung in Höhe von 11,6 Milliarden Euro. Dem stand ein Defizit der Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden in Höhe von 3,3 Milliarden Euro gegenüber.
Die wichtigste Einnahmequelle des Staates bleiben die Steuern. Steuergelder von 308,7 Milliarden Euro flossen im ersten Halbjahr 2012 in die Staatskassen, 3,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Dank der positiven Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt legten die Einnahmen aus der Lohn- und Einkommensteuer überdurchschnittlich kräftig um 6,3 Prozent auf 109,1 Milliarden Euro zu.