Deutsche Firmen schmieren weiter fleißig

MÜNCHEN/BERLIN - Korruptions-Bekämpfer schlagen Alarm: Trotz der Lehren aus dem Siemens-Skandal ist in vielen Betrieben Bestechung noch immer Alltag. Vor allem Mittelständler versuchen oft, im Ausland damit an Aufträge zu kommen.
Der Siemens-Skandal hat Deutschland schockiert. Und er hat die Öffentlichkeit stärker denn je auf das Thema Korruption aufmerksam gemacht. Doch an der Praxis deutscher Firmen, Entscheidungsträger im Ausland zu bestechen, um Aufträge zu kommen, hat sich dadurch kaum etwas geändert.
„Wir sind keinen Schritt nach vorne gekommen“, sagt Silvia Schenk. Die Deutschland-Chefin der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International stellte gestern den so genannten Bestecher-Index vor. Er zeigt, in welchen der 22 weltweit größten Exportländer, die Wahrscheinlichkeit für Bestechung im Ausland am größten ist.
So hat Deutschland abgeschnitten. Das Land liegt auf Platz 5 – genau wie im Jahr zuvor. „Deutsche Unternehmer bestechen weiter im Ausland“, sagt Schenk. „Trotz der Warnung durch den Siemensskandal hat sich nicht genug getan.“ Vor allem bei mittelständischen Firmen sei Bestechung noch immer weit verbreitet.
So stehen die anderen Länder da. Am seltensten schmieren Belgier, Kanadier, Niederländer und Schweizer. Am ehesten zur Bestechung neigen dagegen russische, chinesische, mexikanische und indische Firmen. Auch die Italiener rangieren ziemlich weit hinten. In Europa und den Vereinigten Staaten sind sie zusammen mit den Chinesen sogar die Spitzen-Bestecher.
So sieht die Bestechung aus. Grundsätzlich versuchen die Firmen auf drei Arten, um an Aufträge zu kommen. Entweder sie schmieren hochrangige Politiker oder lassen Geld an Parteien fließen. Das probieren laut Transparency vor allem russische Firmen. Die zweite Möglichkeit: die Unternehmen nutzen persönliche oder familiäre Beziehungen, um an öffentliche Aufträge zu kommen. Das machen mexikanische Firmen oft. Auch bei deutschen Unternehmen ist das beliebt. Und drittens: Man schmiert Offizielle auf den unteren Ebenen, um die Auftragsvergabe zu beschleunigen. Das machen vor allem Inder.
So sind die Branchen betroffen. Am meisten bestochen wird im Baugewerbe. Grund: „Dort gibt es besonders viele öffentliche Großaufträge“, so Schenk. Auch in der Öl- und Gasindustrie sind Schmiergelder üblich. stark im Kommen ist der Gesunheitsbereich. Das starke Wachstum dort, so Schenk, „lässt auch die Bestechung zunehmen.“
aja