Deutsche Bankkunden zittern um ihr Geld

Island verstaatlicht die Kaupthing-Bank. Sie lockte in Deutschland mit hohen Zinsen viele Kunden an. Jetzt können die Sparer nicht mehr auf ihre Konten zugreifen. Auch andere Länder planen Verstaatlichungen - etwa die USA
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Die Zentrale der Kaupthing-Bank im isländischen Rejkjavik: Mit der Verstaatlichung bewahrte Island das Institut vor der Pleite.
dpa Die Zentrale der Kaupthing-Bank im isländischen Rejkjavik: Mit der Verstaatlichung bewahrte Island das Institut vor der Pleite.

MÜNCHEN - Island verstaatlicht die Kaupthing-Bank. Sie lockte in Deutschland mit hohen Zinsen viele Kunden an. Jetzt können die Sparer nicht mehr auf ihre Konten zugreifen. Auch andere Länder planen Verstaatlichungen - etwa die USA

Mit 5,65 Prozent Zinsen fürs Tagesgeld buhlte die isländische Bank Kaupthing Edge in Deutschland um Sparer. Sie war damit äußerst erfolgreich. Doch seit gestern dürfte vielen Kaupthing-Kunden mulmig sein. Denn sie konnten nicht mehr auf ihre Online-Konten zugreifen.

„Die Kaupthing Bank wurde unter die Aufsicht der isländischen Bankenaufsicht gestellt“, heißt es auf der Homepage der Bank. Der Zugriff auf die Konten sei nicht möglich. Grund: Island hat die größte Bank des Landes verstaatlicht, um sie vor einer Pleite wegen der Finanzkrise zu bewahren. Der deutsche Geschäftsbetrieb wurde eingestellt

Kaupthing ist die dritte isländische Bank, die der Staat sich einverleibt. Auch Großbritannien will acht große Banken verstaatlichen. Und die USA denken seit gestern ebenfalls darüber nach. Er „weise die Idee nicht zurück“, sagte Finanzminister Henry Paulson.

In Deutschland ist Verstaatlichung noch kein Thema

Für den deutschen Finanzminister dagegen ist Verstaatlichung bislang kein Thema. Der deutsche Finanzsektor sei weniger von der Krise betroffen, meint Peer Steinbrück. Er räumt aber ein: „Das kann sich ändern.“ Soll heißen: Auch er kann sich einen Staatszugriff auf Banken vorstellen. Was bedeutet das? Die AZ beantwortet wichtige Fragen.

Wie funktioniert die Verstaatlichung? „Der Staat kauft Anteile an der Bank und wird so zum Miteigentümer“, erklärt Klaus Fleischer, Bank-Experte an der Hochschule München. Das kann von vollständiger Übernahme bis zu einer Minderheitsbeteiligung gehen.

Was bringt die Verstaatlichung? Die Bank bekommt dadurch neues Eigenkapital. Das schmilzt in der Krise, weil die Banken Verluste machen. Es ist für sie aber lebensnotwendig: Die Höhe der Kredite, die sie vergeben dürfen, hängt vom Eigenkapital ab. „Ohne Eigenkapital ist die Bank geschäftsunfähig“, so Fleischer.

Wie stark kann der Staat mitreden? Das hängt von der Höhe seiner Beteiligung ab. Je mehr Anteile er erwirbt, desto größer ist sein Einfluss im Kontrollgremium der Bank – dem Aufsichtsrat. Dort wird auch entschieden, wer die Chefsessel der Bank besetzt.

Was ist problematisch an der Verstaatlichung? Die EU sieht darin eine unerlaubte Wettbewerbsverzerrung. Dennoch hält Experte Fleischer eine Verstaatlichung für sinnvoll, wenn eine Bank in Existenznot gerät. „Es ist der bessere Weg, als mit Milliardenspritzen kurzfristige Liquiditätslöcher zu stopfen.“ Der Staat sollte aber nach einer gewissen Zeit wieder aussteigen – etwa nach einer Sanierung.

Was passiert jetzt bei der Kaupthing-Bank? Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hat die Konten in Deutschland eingefroren. Das soll den Abfluss der Einlagen ins Ausland verhindern. Kunden können erst einmal nur abwarten. Noch ist unklar, wie lange sie nicht an ihr Geld kommen. Nach Angaben der Bank liegt die Einlagensicherung pro deutschem Kunden bei 20887 Euro. Ein Banksprecher sagte: Sobald man mehr wisse, werde man das auf die deutsche Internetseite der Kaupthing-Bank stellen: www.kaupthingedge.de.

Andreas Jalsovec

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