Der Wahlkrampf
"Es knirscht – das ist kein Notstand. Sondern ganz normal": Frank Müller, Leiter der AZ-Aktuell-Redaktion, über die Debatte um Neuwahlen.
Und wenn Guido Westerwelle noch so sehr den „Herr-Lehrer-ich-will-jetzt-aber-mal-ganz-fix-wählen“- Streber gibt: Deutschland braucht keine Neuwahl im Frühjahr. Noch gibt es eine Regierung, noch ist nicht erkennbar, dass eine Mehrheit der Abgeordneten der Regierung das Vertrauen entzogen hätte, also heißt die Devise: Sauber weiterarbeiten bis zum Ende, und im September wird gewählt.
Dass es ein halbes Jahr vor einer Bundestagswahl im Koalitionsgetriebe knirscht, ist nämlich kein Staatsnotstand, sondern der politische Normalfall. Stets gliedert sich der Lebenslauf einer Koalition, auch jener der gegenwärtigen, in verschiedene Phasen: Gezerre zum Start, mehr oder minder stringentes Abarbeiten der großen Projekte in der Mitte, allmähliche Auflösungserscheinungen am Ende, wenn alle schon mehr im Wahlkampf als in der Regierungsarbeit stecken.
An diesem Rhythmus wird auch eine vor Kraft kaum laufen könnende FDP nichts ändern. Deren Sorge um den Wahltermin ist vor allem von der Furcht getragen, dass ihr die derzeitige Hochphase in den Umfragen wieder abhanden kommt. Und dass es am Ende im September, wenn die abstrus hohe Zustimmungsquote zur FDP wieder auf Normalmaß geschrumpft ist, doch wieder nicht langen könnte für den Ministerposten für Guido Westerwelle.
Was der Politik in Deutschland wirklich gut täte, wäre eine ganz andere Debatte: Wie können wir die Wahltermine so bündeln, dass nicht alle halbe Jahre irgendwo Wahlkampf ist? Vielleicht fällt der FDP ja auch dazu etwas ein.