Der neue E-Postbrief: Kompliziert, fehleranfällig, teuer

Er wurde mit großem Werberummel von der Post eingeführt und soll den Siegeszug der Email gegenüber dem Brief bremsen. Der neue E-Postbrief konnte die Experten der Stiftung Warentest nicht überzeugen.
von  Abendzeitung
Die Deutsche Post will ab sofort ihre E-Postbriefe starten
Die Deutsche Post will ab sofort ihre E-Postbriefe starten © dpa

Er wurde mit großem Werberummel von der Post eingeführt und soll den Siegeszug der Email gegenüber dem Brief bremsen. Der neue E-Postbrief konnte die Experten der Stiftung Warentest nicht überzeugen.

BONN/MÜNCHEN Vier Wochen sind seit dem Start des „E-Postbriefs“ vergangen. Die Experten der Stiftung Warentest haben sich das Zwitterwesen aus Email und Brief vorgeknöpft und sind zu einem wenig schmeichelhaften Urteil gelangt.

Qualvolle Langsamkeit. Direkt nach Start des E-Postbriefs haben sich zwei Tester angemeldet. Das erste Konto schaltete die Post nach sechs Tagen frei, für das zweite brauchte sie immerhin dreieinhalb Wochen. Postsprecher Uwe Bensien zum schleppenden Anmeldeprozess: „Wir machen das, um das System kontrolliert hochzufahren.“ Ab Oktober soll es aber besser werden, verspricht die Post.

Kompliziertes Verfahren, widersprüchliche Anweisungen. Einige Einstellungen verwirren: So sollten Anwender vor dem Versand des ersten Briefs den Einzelverbindungsnachweis aktivieren. Rückwirkend gibt es den nicht.

Dann geht es ans Aufladen des Guthabens, per Online-Formular. Obwohl das Logo von American Express erscheint, akzeptiert die Post nur Visa- und Mastercard sowie Lastschriften. 55 Cent sind als Aufladebetrag voreingestellt. Doch nach der Bestätigung erscheint die Anzeige: „Aktuell können nur volle Eurobeträge eingezahlt werden.“

Unklare Adressen, langsame Zustellung. E-Postbriefe funktionieren ähnlich wie webbasierte Email-Dienste: E-Postadresse eintragen, Text schreiben, Handy-Tan eingeben und ab geht die Post. 55 Cent kostet der Spaß. Ganz schön viel für ein System, das häufig hängen bleibt und lange lädt. Nächstes Problem: Kaum jemand besitzt bisher eine E-Postadresse. Das öffentliche Adressverzeichnis hilft wenig: Viele E-Postadressen stehen dort ohne genaue Personenangaben. Wer die E-Postadresse des Empfängers nicht kennt, kann seine E-Postbriefe nur mit herkömmlicher Adresse eingegeben und von der Post ausdrucken lassen. Die versprochene Zustellung am nächsten Werktag hat im Test nur teilweise geklappt: Einige dienstags abgeschickte Briefe kamen erst donnerstags an.

Teure Softwareprobleme. Bei Eingabe der Postadresse läuft keine Plausibilitätsprüfung. Verdrehte Postleitzahlen sind genauso möglich wie Briefe an imaginäre Personen in Kleinkleckersdorf. Auch Anhänge sind problematisch. PDF-Dateien ohne Seitenrand lassen sich zwar hochladen, aber nicht versenden. Es erscheint: „Ein Fehler ist aufgetreten.“ Eine Erklärung wird nicht mitgeliefert. Einmal angehängte Dokumente lassen sich nicht löschen – der Entfernen-Knopf reagiert nicht.

Anhänge mit Seitenrand versendet die Post zwar, druckt Grafiken und Bilder aber nur unvollständig aus. Farbfotos im PDF kamen als weißes Blatt an. Besonders ärgerlich: Die Post kassiert auch bei Fehldrucken 10 Cent je Farbseite extra. Eine Druckvorschau zeigt sie erst nach dem Versand. Auf die ist aber ohnehin wenig Verlass: Manchmal sehen die ausgedruckten Briefe ganz anders aus. Der Absender kann kaum vorhersehen, was beim Empfänger tatsächlich ankommt.tan

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