Der Marktschreier
MÜNCHEN - Der AZ-Chefreporter Matthias Maus über Guido Westerwelles Auftritt in Stuttgart
Selbstbewusst sollte die Rede von Guido Westerwelle sein. Das hatte er angekündigt, das hat er eingelöst. Und er hat ganz nebenbei bestätigt, dass alle Alarmglocken klingen müssen, wenn ein Politiker von sich und Selbstbewusstsein spricht.
Selbstbewusst heißt bei Menschen, denen das Ego nicht zu klein geraten ist – dazu gehört Westerwelle allemal –, meist etwas ganz anderes als Selbstkritik. Tatsächlich ist diese Tugend aber dringend vonnöten, wenn etwas schief gelaufen ist und wenn das ungetrübte Selbstbewusstsein just in diesen Schlamassel geführt hat. Doch was macht der Außenminister? Lobt sich, rühmt sich. Als sei er vor einem Jahr bei vier Prozent gestartet und jetzt bei 14 Prozent gelandet, und nicht umgekehrt. Ein Einziges sieht der Vorsitzende als verbesserungswürdig an: Dass „nur die FDP die Partei der Freiheit“ sei, das sei nicht deutlich geworden. Das will er ändern. Der Parteichef sorgt sich umdie Wahrnehmung eines Slogans – wie ein Werbetexter. Der Vizekanzler, einer der wichtigsten Politiker, zu dessen Handwerkszeug Augenmaß und politische Urteilskraft zwingend gehören muss, führt sich auf wie ein Marktschreier.
Nein, Westerwelle hat keine falschen Schlüsse aus seiner verheerenden Situation gezogen. Es ist viel schlimmer: Er bekämpft seine Krise, indem er sie nicht wahrnimmt. Realitätsflucht nennt man so was.
- Themen:
- FDP
- Guido Westerwelle