Der hilflose Präsident

Der Abfall der Ökos ist bedrohlicher als jeder Taliban: AZ-Chefreporter Matthias Maus über die Ölkatastrophe und die Rolle Obamas
Selten gibt es in der Politik Gerechtigkeit, und umso häufiger trifft es sozusagen den Falschen. Das jüngste und prominenteste Opfer könnte US-Präsident Barack Obama sein. In diesen Tagen entscheidet sich womöglich sein politisches Schicksal – im Golf von Mexiko.
Die Ölpest vor der Küste Louisianas sprengt als Umweltkatastrophe biblischen Ausmaßes alle Vorstellungen. Und die Fehler wurden in den Planungsbüros und den Chefetagen gemacht. Aber das Weiße Haus winkte Entscheidungen durch, die das Höllenloch von Anfang an zum Problem des Präsidenten machte. Um die Republikaner gewogen zu stimmen, kam er ihnen bei den Bohrgenehmigungen im Golf entgegen – Tage, bevor die Deep Water Horizon explodierte. Das brachte eine Klientel gegen Obama auf, die zu seiner Treuesten gehörten. Der Abfall der fortschrittlich-ökologisch Bewegten ist für Obama gefährlicher als jeder Taliban oder die christlich-fundamentalistische Rechte, die den Präsidenten ohnehin hasst.
Das Öl klebt an ihm, und schlimmer noch: Der Ruch der Machtlosigkeit. Hilflos muss er miterleben, wie BP mit einer Krisenstrategie nach der anderen scheitert; wie das Meer mit dem Öl verseucht wird und mit dem Gegengift; wie ein Multi auf Zeit spielen kann, weil seine Kassen mit dem Milliarden-Gewinnen der vergangenen Jahre prall gefüllt sind.
So zynisch es klingt: das Unternehmen BP wird das Desaster eher überleben als ein Politiker, der mit seinem Anspruch „Yes we can“ gerade dramatisch an der Realität scheitert.