Der Herbst ist da und die Konjunktur trübt sich ein
Bruttosozialprodukt auf Talfahrt, miese Laune in den Firmen, Verbraucher, die in Pessimismus baden: Deutschlands Wirtschaft ist angeschlagen. Die Konjunktur trübt sich spürbar ein – das bietet auch Chancen.
NÜRNBERG/MÜNCHEN Erst war die Stimmung schlechter als die Lage. Jetzt aber haben die Sorgen der Verbraucher und die miese Laune in den Chefetagen auch real messbare Spuren in der Konjunktur hinterlassen: Erstmals seit vier Jahren sinkt das Bruttosozialprodukt wieder – die deutsche Wirtschaft schrumpft im zweiten Quartal 2008 um einen halben Prozentpunkt im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Jahres.
Dementsprechend besorgt geben sich die Experten: „Die Konjunktur in Deutschland ist derzeit einem ernsten internationalen Belastungstest ausgesetzt, der andauern wird“, meint Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU). Und der Präsident des einflussreichen Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, warnt: „Die deutsche Wirtschaft gerät zunehmend in konjunkturell schwieriges Fahrwasser.“
Trendwende
Passend zur so gar nicht sommerlichen Wirtschafts-Stimmung legte Sinn gestern weitere unangenehme Zahlen auf den Tisch: Der so genannte ifo-Index, mit dem das Institut monatlich die Stimmung in den Unternehmen misst, brach erneut ein, und zwar erheblich stärker als erwartet. Die rund 7000 befragten Unternehmen beurteilen nun sowohl die gegenwärtige Lage als auch die Aussichten fürs kommende halbe Jahr erheblich pessimistischer als erwartet – und dies zum dritten Mal hintereinander. Einen dreimaligen Abwärtstrend in Folge bei seinem Konjunkturbarometer wertet das ifo-Institut als Trendwende.
Damit nicht genug: Auch die Laune der Verbraucher hat sich noch einmal deutlich eingetrübt. Nach Berechnungen der Nürnberger Marktforscher Gfk ist die Stimmung der Bürger auf einem so schlechten Niveau wie zuletzt im Sommer 2003. Bei den Bürgern zeige sich ein „zunehmender Konjunkturpessimismus“, schreiben die Marktforscher. Die Lust auf größere Einkäufe sei entsprechend gesunken.
Bayerische Wirtschaft kritisiert, der Bürger ächzt
Die trüber werdenden Konjunkturaussichten dürften auch den Landtagswahlkampf beleben: „Wir müssen jetzt Wirtschaft und Bürger dauerhaft entlasten, damit sie auf die wirtschaftlichen Herausforderungen reagieren können“, sagte Bayerns Wirtschaftsministerin Emilia Müller (CSU). So müssten die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung weiter gesenkt werden, um vor allem Bürgern mit kleineren Einkommen mehr Luft zu verschaffen und die Kosten der Betriebe im Mittelstand zu senken.
Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) kritisierte, der Staat erziele immer höhere Überschüsse, gleichzeitig ächzten die Verbraucher unter der hohen Abgabenlast. Das passe nicht zusammen. „Es ist Spielraum für beides vorhanden: für eine Senkung der Einkommensteuer ebenso wie für eine Senkung der Sozialabgaben“, sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossard.
Schlechte Zahlen sind gute Zahlen
Schwächelt – wie jetzt – die Konjunktur, können sich Kunden, die beispielsweise einen Autokauf auf Pump planen, im Prinzip freuen. Je schlechter die Wirtschaftsleistung, desto eher ist nämlich die Europäische Zentralbank geneigt, die Zinsen zu senken oder wenigstens nicht weiter zu erhöhen. Das bedeutet: Der Spielraum der Banken, preisgünstig Kredite an die Privatkunden auszugeben, wird nicht weiter eingeschränkt.
Attraktive Schnäppchen – aber nicht für jeden.
Mit hohem Aufwand umwerben die Geldhäuser im Moment die Verbraucher. Viele vermeintliche Zins-Schnäppchen sind allerdings Lockvogelangebote und gelten nur für Kunden mit einem guten „Scoring“. Mit diesem Wort bezeichnen Bank-Experten einen statistischen Wert. Beispielsweise gilt das Kreditausfall-Risiko bei jungen, alleinstehenden Akademikern als gering, bei formal weniger gebildeten Eltern als höher – sie haben schließlich höhere finanzielle Verpflichtungen zu schultern. Auch bestimmte Wohngegenden gelten als Negativkriterium. Folge: Fragt ein Kunde mit einem schlechten „Scoring“ bei der Bank wegen eines Kredits nach, kann es sein, dass er schlechtere Konditionen angeboten bekommt.
Der Effektivzins verrät viel, aber nicht alles
Wichtig: Kunden sollten nicht die Nominal-, sondern die Effektivzinsen vergleichen. Im Effektivzins sind viele Gebühren, die mit dem Kreditvertrag zusammenhängen, bereits eingerechnet. Nicht im Effektivzins enthalten sind allerdings Kosten für eine so genannte Restschuldversicherung, die einspringt, wenn der Kunde wegen Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Tod seine Raten nicht mehr zahlen kann.
Restschuldversicherungen sind oft ziemlich teuer. Bei kleineren Kreditbeträgen steht der Aufwand unter Umständen in keiner Relation zum Kreditbetrag. Besteht die Bank auf einer Sicherheit, könnten Kunden auch ihre Lebensversicherung oder Immobilie anbieten.
Fatale Schufa-Einträge.
Wer bei vielen Banken wegen Krediten nachfragt, muss damit rechnen, dass die Institute dies der Schufa melden. Die speichert die Daten von Firmen und Bürgern in Bezug auf deren Kreditwürdigkeit. Viele Einträge gelten als Negativmerkmal. Verbraucher sollten daher ausdrücklich darauf drängen, dass ihre Bank nur eine „Anfrage zu Kreditkonditionen“, nicht aber ein „Kreditgesuch“ oder eine „Anfrage Kredit“ an die Schufa richtet.