Der große Wirtschaftsboom: Und was kriegen wir?

Der Aufschwung ist da – und viele Arbeitnehmer werden daran auch beteiligt. Leider nicht alle: Die AZ erklärt, wie es an der Tariffront und mit Bonuszahlungen aussieht.
von  Abendzeitung
Neuwagen warten auf ihre Reise – die Autobranche boomt wieder. Und sie gibt das oft an ihre Mitarbeiter weiter.
Neuwagen warten auf ihre Reise – die Autobranche boomt wieder. Und sie gibt das oft an ihre Mitarbeiter weiter. © dpa

Der Aufschwung ist da – und viele Arbeitnehmer werden daran auch beteiligt. Leider nicht alle: Die AZ erklärt, wie es an der Tariffront und mit Bonuszahlungen aussieht.

MÜNCHEN Die Krise war hart – aber weniger als befürchtet: Der Boom in Deutschland hält an und stabilisiert sich, wie gerade das Statistische Bundesamt verkündete (Kasten). Viele Firmen zeigen sich nun spendabel. Spätestens in den nächsten Tarifrunden wird die Teilhabe am Aufschwung gefordert: „Die Zeit der Krisentarifverträge ist vorbei“, so IG-BCE-Chef Peter Hausmann.

Wer ist großzügig? Vor allem Autohersteller und ihre Zuliefererbetriebe, die nach dem Einbruch nun besonders rasant wachsen: Audi, Porsche, Bosch, ZF Friedrichshafen und SKF Schweinfurt ziehen die Tariferhöhung von April auf Februar vor. BMW plant dies nicht, hat aber schon im Sommer eine Sonderzahlung von 1060 Euro für die Mitarbeiter bekanntgegeben. Bei Siemens gibt’s gleich ein doppeltes Bonbon: vorgezogene Tariferhöhung plus einen Sonder-Bonus von bis zu 1000 Euro pro Kopf. Der Spezialchemiehersteller Lanxess schüttet 20 Millionen an die Mitarbeiter aus.

Werden andere folgen? Derzeit zeigen sich vor allem Firmen aus Branchen spendabel, wo es jetzt schon an Fachkräften mangelt, so das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Die IG Metall fordert, die Tariferhöhung in der gesamten Metallbranche vorzuziehen. „Es ist ein Gebot der Fairness, die Menschen am Aufschwung zu beteiligen.“ Einige Firmen – wie BASF – verweisen darauf, dass sie den Mitarbeitern ohnehin Erfolgsbeteiligungen zahlen: Und die fallen nun höher aus.

Gibt es dann höhere Tarifabschlüsse? Leider nicht zwingend. Zwar sind die Gewerkschaften angesichts des Booms durchaus kampfbereit, zum Teil mit Erfolg – die Zigarettenindustrie hat sich gerade auf ein Gesamtplus von 5,3 Prozent geeinigt. „Aber das streut sich sehr nach Branchen“, so Heiner Dribbusch vom WSI-Tarifarchiv zur AZ. Der Münchner Verdi-Chef Heinrich Birner: „Dass Mitarbeiter profitieren, stimmt für Branchen, die stark vom Außenhandel abhängen, vor allem die Autohersteller. Im Dienstleistungssektor dagegen kommt noch gar nichts an.“ Im Gegenteil gebe es genug Sparten, wo es immer noch um Nullrunden oder Arbeitszeitverlängerungen gehe – und den wachsenden Niedriglohnbereich. Mager sind die Aussichten auch für Staatsangestellte. Heuer stehen nur noch kleinere Tarifrunden an (Reisebüro). Im Frühjahr 2011 kommen unter anderem Teile des Handels, Bau und Druck – und die Landesangestellten im öffentlichen Dienst (Unis, Unikliniken, Staatstheater). Die Forderung für sie will Verdi im Dezember beschließen. Birner ist pessistimisch: „Nachdem Seehofer schon die Nullrunde für die Beamten verkündet hat, will er die hier bestimmt auch.“

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